Kurzgeschichte
Eiskalt
Langsam zog die Kälte an ihren Beinen hoch. Es war Februar. Ein ungemütlicher Abend. Sie versuchte, den Mantel fester um ihren Körper zu hüllen. Doch der dünne Stoff schützte sie nicht vor ihren Gedanken, die sie frösteln ließen. Es war kein Abend wie jeder andere. Ganz gewiss nicht.
Tierische Geduld
Eine graue Katze mit weißen Ohren und weißen Tatzen residierte schon seit vielen Jahren in einem recht stattlichen Revier. Sie bewohnte gemeinsam mit drei Menschen ein Haus am Rande der Stadt.
Den Frieden wahren
Als das Licht der Dunkelheit wich und die Kälte zur Ruhe zwang, wanderten die Wölfe in das unentdeckte Reich, vor dem sich die Menschen fürchteten. Ein gutes Jahr lag hinter ihnen. Viele Jungtiere hatten das Rudel reich gemacht.
Ganz passsend
„Ich heiße Lars Kaufmann“, sagte der Mann zu Lena. Sie schaute ihn an, stellte sich automatisch vor, plauderte wie gewohnt und dachte dabei, dass sie sich nicht erinnern konnte, ihn während des Empfangs bemerkt zu haben.
Verkannte Vorzeichen
Das ging schon eine ganze Weile so. Dabei hatte es ganz harmlos begonnen. Kleine Stiche verwunderten ihn zwar, wurden aber von ihm großzügig ignoriert. Achselzuckend quittierte er die zunehmenden Aufmüpfi gkeiten, die sich aber ebenso schnell wieder legten, wie sie gekommen waren.
Am Nachbartisch
Es war ein schöner Tag. Keine außergewöhnlichen Termine, kein Zeitdruck, nichts Besonderes. Die Mittagspause lud geradezu zu einem Besuch eines Café ein. In der Sonne war es schon recht warm.
Lebenszeit
Als Marion ihren Koffer packte, um ihn zu verlassen, sagte sie zum Abschied: „Es tut mir leid zu gehen. Aber ich will den Rest meines Lebens nicht mit einem miesgelaunten Langweiler und Nörgler verbringen, zu dem Du bedauerlicherweise geworden bist.
Das Glashaus
Das Glashaus lag an zwei stark befahrenen Straßen. Rechts und links reihten sich Geschäfte. In den oberen Etagen der Häuserblocks waren Praxen und Büros angesiedelt. Man munkelte von repräsentativem Wohnraum in den stilvollen Altbauten, die im Krieg verschont geblieben waren.
Haltlos
Wind kam auf. Flüsternd blies er Zukunft in die grau gebräunten Gesichter. Der Hauch blieb ungehört, denn der Blick richtete sich auf längst vergangene Bilder. Was war, was blieb, was ging. Der Wind versuchte es erneut und pustete: was kommt. Die Menschen hörten, aber verstanden nicht.