Die komplexe Terminologie des Klimawandels

Der Begriff des Klimawandels ist omnipräsent. Ob er nun als Erklärung für einen besonders heißen Sommer oder für extreme Unwetterereignisse herhalten muss, Klimawandel scheint heute mehr denn je zu einem gefl ügelten Wort der eigenen Wetterfühligkeit verkommen zu sein. Der Griff zum Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes sollte deshalb Abhilfe schaffen und eine allgemeingültige Defi nition liefern. Unter K wie Klimawandel fi ndet sich dort folgende Defi nition: Klimawandel ist ein Synonym für Klimaveränderung, also allgemein jede Veränderung des Klimas unabhängig von der betrachteten Größenordnung in Raum und Zeit (…).

Interessant, denn zu möglichen Ursachen, geschweige denn Verursachern, macht das Lexikon keine Aussage. Ein Zufall? Sicher nicht, denn die äußerst komplexen Wirkungszusammenhänge, die laut erweiterter Defi nition als Ursache für eine Veränderung des globalen Klimas gelten, sind selbst von der Fachwelt nur schwer in einen Gesamtzusammenhang zu bringen. Teildisziplinen der Klimaforschung versuchen daher durch Annäherung und mittels Beobachtung natürlicher Indikatoren, den Gründen und Folgen des Klimawandels auf den Grund zu gehen. Eine jener Disziplinen ist die so genannte Phänologie.

Die Phänologie, nach Meyers kleinem Lexikon der Meteorologie (Schirmer et al. 1987) die Lehre vom Einfl uss des Wetters, der Witterung und des Klimas auf den jahreszeitlichen Entwicklungsgang und die Wachstumsphasen der Pfl anzen und Tiere (…), ist ein Fachbereich der Wissenschaft, der sich mit klimabedingten Veränderungen von Ökosystemen auseinandersetzt. Entwicklungserscheinungen der Natur, auch natürliche Indikatoren genannt, die über einen gewissen Zeitraum hinweg regelmäßig wiederkehren, werden beobachtet, erfasst, dokumentiert und in zum Teil langen Zeitreihen miteinander verglichen. Kein Wunder, dass der Bereich der Pfl anzenphänologie im Forschungsfeld der Klimafolgenforschung einen wichtigen Platz einnimmt, denn nirgendwo sonst lassen sich klimatische Veränderungen so greifbar, ja so sichtbar, darstellen wie am Beispiel der Vegetationsperioden. Mittels einer Datenreihe, die bis in das 9. Jahrhundert zurückreicht, konnten Forscher am Beispiel der japanischen Kirschblüte beweisen, dass sich der Blütenstand der Pfl anze niemals früher entwickelte als heute. Auch andere pfl anzenphänologische Beobachtungen führen unisono zu dem Ergebnis, dass auf der gesamten Nordhalbkugel Frühlingsereignisse wahrnehmbar früher stattfi nden, als das noch zu früheren Messzeitpunkten der Fall war. Tatsächlich hat sich nach Ergebnissen einschlägiger Untersuchungen die Vegetationsperiode im Frühling seit den 1970iger Jahren um bis zu zwei Wochen verlängert, was dazu führt, dass sich die Blüten- und Blattbildung in dieser Zeit stetig verfrühten. Auch die Tierwelt bleibt von den klimatischen Veränderungen nicht ausgenommen, was sich am Beispiel der Verschiebung der Rückkehrdaten vieler Zugvogelarten nachvollziehen lässt.

Die stärksten Terminverschiebungen zeigen sich bei Kurzstreckenziehern, die wie der Name schon sagt, eine eher kurze Distanz zwischen Winter und Sommerquartier zurücklegen. Sie orientieren sich mehr wie ihre langstreckenziehenden Artgenossen an Klimaveränderungen und weniger an den Paramatern Sonnenstand und Erdmagnetfeld und sind somit unmittelbar von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen. Der Begriff der globalen (Erd-)Erwärmung ist nicht mit dem übergeordneten Begriff des Klimawandels gleichzusetzen. Vielmehr wird der Begriff dazu verwandt, die Rolle des Menschen als Verursacher klimatischer Veränderungen zu beschreiben. Der im Frühjahr 2001 veröffentlichte dritte Bericht des UN-Klimarates (IPCC) zur Entwicklung des Weltklimas, der von mehr als 2.000 Wissenschaftlern aus aller Welt verfasst wurde, untersuchte eben jene von Menschen gemachten Folgen des Ausstoßes des Treibhausgases Kohlendioxid.

Der Bericht stellte Anfang der Nullerjahre erstmals sehr deutlich heraus, dass von Seiten der Wissenschaft inzwischen kein Zweifel mehr an der Rolle des Menschen am Klimawandel besteht. Seit Beginn der Industrialisierung und der damit einhergehenden Anreicherung der Atmosphäre mit Treibhausgasen sei nach Erkenntnis der Forscher eine deutliche Erwärmung der Erdatmosphäre zu verzeichnen. Der vierte Bericht des IPCC folgte im Jahr 2007. In einer sehr deutlichen Sprache fordern die Ersteller des Papiers die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, sofort zu handeln. Sie prognostizieren, dass sich bei gleichbleibendem Handeln Regionen der Erde nachhaltig verändern werden. Küstenregionen könnten nach Ansicht der Forscher verschwinden und etwa ein Drittel der bekannten Arten aussterben. Im fünften und bisher letzten Bericht stellt der IPCC im Jahr 2014 fest, dass die beobachtete Erwärmung zu mehr als 50 Prozent den menschlichen Einfl üssen auf das Klima zuzuschreiben ist. Jens Wacker