Frauen und ihre Handtaschen

Es gibt unzählige Witze, die sich Männer erzählen, und nicht weniger erstaunte und fassungslose Blicke von eben jenen Männern über ein zweifellos nützliches weibliches Accessoires: die Handtasche. Im Durchschnitt besitzt eine Frau zwischen zwei und zwanzig Handtaschen, die je nach Anlass und Outfit oder nach Lust und Laune gewählt und zum Einsatz kommen. Mehr Handtaschen-Modelle pro Frau sind keine Seltenheit. Eine Italienerin schaut im Durchschnitt auf eine Sammlung von rund 60 Handtaschen und hält damit die Spitze im internationalen Vergleich. Handtaschen sind mehr als eine Transportmöglichkeit von Dingen, die man zu diesem Zeitpunkt unbedingt mit sich führen will oder muss. Eine Handtasche ist ein persönliches Statement. Und damit ist klar, dass jenes Modeaccessoires schon längst und mehrfach Ziel einer wissenschaftlichen Untersuchung geworden sein muss. Die wohl bekannteste Studie trägt den Titel Bagstories. Dr. Ute Rademacher, Wirtschaftspsychologin, führte sie im Auftrag der Agentur Colibri Research aus Hamburg durch. Hierbei wurden Frauen in 17 Ländern der Erde nach ihrem Verhältnis zu ihrer Handtasche befragt. Auch wenn viele Dinge sich auf internationaler Ebene unterscheiden und natürlich sehr individuell gehandhabt werden, ist eines jedoch glasklar: Eine Handtasche ist ein Stück mobiles Leben, eine persönliche Sammlung von Eigenheiten, eine Verbindungszentrale mit der Welt und ein Beweis der Eigenständigkeit. Im Laufe der Emanzipationsentwicklung wurde der Handtaschenkult zunehmend exzessiv betrieben. Margaret Thatcher, erste weibliche britische Premierministerin, stellte ihre schwarze glatt glänzende Asprey Tasche zur Begrüßung auf den Kabinettstisch, um ihre Präsenz als Chefin zu markieren. Bei ihr wurde die Handtasche zum gefürchteten Statement und der Begriff handbagging fand dank der eisernen Lady Eingang in die Lexika als Zeichen für Durchsetzungsfähigkeit. Hillary Clinton hingegen favorisierte in ihrer Zeit als Außenministerin ihre pinkfarbene Ferragamo-Handtasche, ein recht ungewöhnliches Exemplar für eine Frau in ihrer politischen Position. Oder vielleicht gerade nicht? Mehr Weiblichkeit in allen Lebenslagen verdrängt die steife Aktentasche im praktischen Format auf die hinteren Accessoires Ränge. Nun werden bunte, große, kleine, klassische, verspielte, lässige, extravagante, ökologisch korrekte oder einfach sündhaft luxuriöse Handtaschen zum Objekt der Begierde. Kein Accessoires ist derart unproblematisch, passt immer – egal wie der Diätstatus aktuell lautet – und verursacht keine Blasen an den Fersen. Und es ist ein Objekt der Begierde. Je größer die Sammlung, desto neidischer die Konkurrentin. 
Es gibt noch etwas, was alle Frauen dieser Welt gemeinsam haben: Sie mögen es nicht, wenn ein Fremder einen Blick in ihre Tasche wirft. Dort befinden sich Dinge des Lebens, die sie nicht teilen möchten. Abgesehen von den Wertsachen wie Geld und Kreditkarten, Ausweispapiere und andere offizielle Dokumente, finden sich in Handtaschen auch Briefe, die man nicht unbedingt laut vorlesen möchte, Erinnerungsstücke und Momentaufnahmen des Glücks – ein Leben eben. Und natürlich Utensilien, deren Existenz man kennt, aber nicht unbedingt erwähnen muss. Neben und mit all diesen persönlichen Dingen herrscht nicht gerade selten ein unbeschreibliches Chaos. Comedian Mario Barth, dessen Programme vorzugsweise das Verhältnis zwischen Mann und Frau intensiv beleuchten, ist der Auffassung, dass sich in Damenhandtaschen Rolltreppen befinden, um den Inhalt komfortabel umwälzen zu können. Tatsächlich gibt es Untersuchungen, die besagen, dass eine Frau im Laufe ihres Lebens 72 Stunden in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel oder anderen Dingen sucht. Ein klingelndes Handy in einer XXL-Handtasche hat zur Folge, dass man eben den Anrufer zurückrufen muss. Es gibt keine Frau, die ihr Handy vor der Mobilbox findet. Mobiles Licht in Handtaschen ist bereits erfunden und die Ufo-förmigen Leuchtobjekte beginnen ihre Arbeit bei bloßer Berührung. Wie praktisch. Es wurde ja auch Zeit. 
Auch wenn Männer ihr Unverständnis zur Größe der Handtasche ihrer Begleiterin in witzige Sprüche kleiden, hält es sie nicht davon ab, ihre Herzensdame unterwegs ernsthaft nach Halsbonbons, Heftpflaster, Sonnenmilch, Heftklammern, Kuli und Schreibblock, Aspirin, Schnupfenspray, Akkuschrauber und Reiseführer zu fragen. Außerdem ist es keine Seltenheit, dass man als Frau die Schlüssel, das Handy und das  Portemonnaie des Göttergatten mit sich herumtragen darf.  
Es gibt nur wenige Handtaschen, mit denen man nicht spontan Mitteleuropa verlassen könnte (und in die man im Zweifelsfall keinen Handgepäck-Trolley hineinbrächte).