Früh übt sich - Jung-Akademiker auf dem Vormarsch

Bildungspolitische Programme - gleich welcher Art - erheben den Anspruch, einer möglichst großen Zahl an Menschen zu helfen. Im Falle der Erwachsenenbildung bedeutet das beispielsweise, dass mithilfe neu geschaffener Bildungsangebote der bisher erreichte Bildungsstand ausgebaut werden soll. Neues Wissen ergänzt vorhandene Kompetenzen. Vor dem Hintergrund eines ständig wechselnden Arbeitsmarktes und geänderten Anforderungen soll das Instrument der Erwachsenenbildung neue Beschäftigungsperspektiveneröffnen.

Die grundlegende Bildungssystematik in unserem Land und damit der Alltag der Schulpflichtigen bleiben, mal abgesehen von antizyklisch aufgelegten Reformen, von den großen bildungspolitischen Initiativen unberührt. Dass auch frühe Bildungsstätten, also alle Einrichtungen von der Grundschule bis hin zur weiterführenden Schule von zusätzlichen Bildungsangeboten profitieren können, beweist die Einrichtung der Kinder-Uni in Landau. Seit 2004 ergänzt sie den Kanon der schulischen Bildung um ein zusätzliches, sehr breitgefächertes, Bildungsangebot.

Wissenschaftler der Universität Landau sorgen seit dem Start der Kinder-Uni dafür, dass Kinder der Altersklassen acht bis zwölf so früh wie möglich und in einer kindgerechten Art und Weise an die Welt der Wissenschaft herangeführt werden. Die angebotenen Vorlesungen und Workshops der Kinder-Uni decken hierbei eine große Themenvielfalt ab und sorgen dafür, dass keine Kinderfrage unbeantwortet bleibt.

Chili befragte Kerstin Theilmann, Pressereferentin am Campus Landau, zu dem Angebot der Kinder-Uni Landau.

Chili: Frau Theilmann, wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Campus Landau für Kinder im Alter von acht bis zwölf zu öffnen und welche Ziele verbinden Sie damit?

Theilmann: Die Universität Koblenz-Landau bietet seit 2004 Kinder-Uni-Veranstaltungen an. Wir haben uns an der landesweiten, flächendeckenden Einführung der Kinder-Uni in Rheinland-Pfalz beteiligt, weil wir von der Idee begeistert sind, Kinder so früh wie möglich auf kindgerechte Art an Wissenschaft heranzuführen. Wir werden hierbei vom Land Rheinland-Pfalz durch das Hochschulprogramm Wissen schafft Zukunft unterstützt. Seit der Einführung der Kinder-Uni hier in Landau haben wir immer wieder begeisterte Rückmeldungen von Kindern, Eltern und Dozenten bekommen. Uns ist es wichtig, den Forscherdrang der Kinder aktiv zu fördern. Daher haben wir seit einigen Jahren keine Vorlesungen mehr im Programm, sondern setzen auf kleinere Veranstaltungen wie Workshops und Seminare.

Chili: Wer kann sich an der Kinder-Uni einschreiben?

Theilmann: An der Kinder-Uni können alle Kinder zwischen acht und zwölf Jahren teilnehmen. Wir machen keine weiteren Vorgaben. Nur manchmal gibt es Workshops, die vom Stoff her in die höheren Semester gehören. Da sollten die Kinder schon in der fünften oder sechsten Klasse sein. Das steht aber immer genau in unseren Ankündigungen.

Chili: Welche universitären Themenbereiche werden von der Kinder-Uni tangiert?

Theilmann: Wir versuchen alle Fächer, die an der Universität gelehrt werden, auch für die Kinder-Uni anzubieten. Das schaffen wir nicht immer, weil unsere Wissenschaftler hier am Campus durch Lehre und Forschung sehr beansprucht sind. Aber wir haben immer ein breites Themenspektrum aus Natur- und Sozialwissenschaften. Jetzt im Herbst und Winter stehen Politikwissenschaft, Medienpraxis und Kunsttheorie auf dem Plan. Die Kinder können erarbeiten, wie eine Bundestagswahl abläuft, drehen einen eigenen Fernsehbeitrag und lernen, wie mit Mitteln der Ästhetik das Wissen erweitert werden kann. Zweimal im Jahr stellen unsere Kollegen aus der Chemie-Didaktik ihre NaWi-Werkstatt (Naturwissenschaft-Werkstatt. die Red.)für die Kinder-Uni zur Verfügung und auch die Zooschule, eine Kooperation zwischen der Uni Landau und dem Landauer Zoo, bietet regelmäßig Veranstaltungen für die Kinder-Uni an.

Chili: Wie läuft ein Workshop der Kinder-Uni ab?

Theilmann: Auf unserer Homepage www.kinderuni.uni-landau.de können sich die Kinder für unsere Veranstaltungen anmelden. Neue Veranstaltungen kündigen wir, manchmal auch kurzfristig, über einen E-Mail Newsletter an. Für den kann man sich auf der Homepage anmelden. Etwa zehn Tage vor der Veranstaltung bekommen dann die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine E-Mail, die alle wichtigen Infos enthält. Am Workshop-Tag schildern wir den Weg zum Seminarraum aus und unsere Dozenten erwarten die Kinder. Die Gestaltung der Seminare übernehmen die Kollegen aus Forschung und Lehre. In allen Workshops machen die Kinder aber aktiv mit, Frontalunterricht gibt es in Uni-Seminaren nicht. Die Kinder bekommen immer einen Beutel mit Heft und Stift und nach dem Seminar erhalten sie ein Kinder-Uni-Diplom.

Chili: Profitieren auch die Studenten und Wissenschaftler von der Kinder-Uni?

Theilmann: Auf jeden Fall. Viele Kinder-Uni-Veranstaltungen werden gemeinsam von Dozenten und Studierenden geplant und durchgeführt. Da können vor allem unsere angehenden Lehrerinnen und Lehrer die Unterrichtsmethoden, die sie an der Uni lernen, einmal live ausprobieren. Das ist natürlich eine sehr gute Übung.

Chili: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Schulen?

Theilmann: Wir haben in den ersten Jahren nach der Einführung der Kinder-Uni direkt Schulen mit Werbematerialien angeschrieben, um das Format überhaupt bekannt zu machen. Als wir noch Vorlesungen angeboten haben, kamen teilweise ganze Schulklassen zu uns. Wir arbeiten heute mit Schulen insbesondere bei Formaten für ältere Schüler intensiv zusammen.

Chili: Wie hoch ist die Nachfrage nach Ihren Angeboten?

Theilmann: Wir bekommen sehr viele Anmeldungen. Die Plätze in unseren Workshops sind aber leider begrenzt, weil es uns wichtig ist, dass ganz intensiv gearbeitet werden kann. Wir mussten dann schon häufiger die Plätze auslosen. Aber wir setzen die Kinder dann immer auf eine Warteliste und geben ihnen bei anderen Seminaren einen Vorteil. Wir schaffen es immer, dass jedes Kind, das sich bei uns anmeldet, an mindestens einer Veranstaltung im Semester teilnimmt.

Chili: Gehen Sie davon aus/ Erhoffen Sie sich, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kinder-Uni später, im Falle der Verfolgung eines akademischen Bildungsweges, für die Universität Landau entscheiden?

Theilmann: So weit würden wir nicht gehen. Unsere Wissenschaftler haben ja ein natürliches Interesse daran, Fragen zu beantworten. Und die Fragen von Kindern können aufschlussreicher sein als manche Theorie. Ganz uneigennützig ist das Programm aber selbstverständlich auch nicht. Wir möchten uns mit der Kinder-Uni in der Region darstellen – als Universität, die kein Elfenbeinturm, sondern ein Ort ist, an den jeder eingeladen ist. Deshalb dient die Kinder-Uni auch nicht der Begabtenförderung. Alle Kinder können über die Themen staunen und sollen Freude an der Erkenntnis und den eigenen Fähigkeiten erleben. Ohne Bewertung und Benotung.

Jens Wacker