Die Städte sehen sich jedes Jahr aufs Neue mit Planungen und Weichenstellungen konfrontiert. Die allgemeinen Zukunftsprognosen in Bezug auf Verkehr, Demografie und Energie sind uneinheitlich. Und trotzdem gilt es für Städte und Gemeinden, für die kommenden Jahre gerüstet zu sein, ohne sich zu sehr auf ein mögliches, aber letztlich nicht sicheres Szenario festzulegen. Das ist ein Balanceakt.
Chili sprach mit dem Oberbürgermeister der Stadt Landau, Thomas Hirsch, über den Status Quo der Stadt und seine Visionen für die Fortentwicklung der Südpfalzmetropole.
Thomas Hirsch schaut auf ein besonderes Jahr. „2017 war das Jahr der Spatenstiche – sowohl im Straßenbau als auch im Wohnbau und bei Sportanlagen. Es folgte in 2018 das Jahr der Baustellen. 2019 nun wird das Jahr der Fertigstellungen“, sagt Thomas Hirsch. 25 Jahre nach dem Abzug der französischen Streitkräfte aus Landau könne man von einer gelungenen Konversion sprechen, die mit einer langfristigen Planung und fortschreitenden Entwicklung nun ein gutes Ergebnis vorweise. Im Osten der Stadt wird das Areal gewerblich genutzt. Im Südwesten im Bereich der Weißenburgerstraße entstand mit dem Quartier Vauban mit 800 Wohnungen gar ein eigenes Stadtviertel. Das Landesgartenschaugelände hat nun neben dem Wohnen auch die Aufgabe eines Naherholungsgebiets übernommen.
Im ökologischen Sinne sei es wichtig, so der Oberbürgermeister, über eine Innenstadtverdichtung objektiv nachzudenken. Grüne Lungen gelte es zu erhalten, aber auch Brachen zu betrachten und durch die Neunutzung gegebenenfalls im Sinne des Umweltgedankens sogar wertvoller werden zu lassen. „Es gibt nicht eine Lösung unter einem Schlagwort!“, gibt er zu bedenken.
Der Oberbürgermeister betont, dass auch im Innenstadtbereich die Weichen gestellt seien. Es werde saniert und modernisiert und dies wirke sich auch auf die privaten Initiativen aus. Investoren seien gewillt, in Landau zu investieren, wenn sie eine Gesamtentwicklung wahrnehmen. Das habe dazu geführt, so Hirsch, dass Landau über eine attraktive Innenstadt verfüge, die nur mit einem moderaten Leerstand, der jedoch eine gesunde wirtschaftliche Fluktuation überhaupt erst ermögliche, umgehen müsse. Ein Branchenmix aus inhabergeführtem Einzelhandel und Filialisten, aus Neugründungen und langjährigen Traditionsunternehmen im Zusammenspiel mit der Gastronomie sei das, so Hirsch, was sowohl die Landauer selbst als auch die Besucher Landaus in der Innenstadt erwarten und vorfinden. Lebensqualität ist eine der drei wichtigen Kriterien, neben attraktiver Innenstadt und der Lage inmitten der Südpfalz, die in der Stadtmarkenanalyse identifiziert wurden. „Immer was los in Landau, lautet unser Slogan“, sagt Hirsch und verweist auf die vielen Veranstaltungen, an denen sich zahlreiche Vereine, die Landauer selbst, die Geschäftsleute, natürlich die Stadt und viele andere Gruppen immer wieder beteiligen. Das sei eine Bereicherung für alle Beteiligten, welcher Interessensgruppe auch immer sie angehörten. Nicht zuletzt für den Einzelhandel sei es ein wertvolles Plus, wenn immer was los sei in Landau.
„Die gute Erreichbarkeit der Stadt und auch seines Zentrums ist für die ansässigen Unternehmen, aber eben auch für die Kunden wichtig“, sagt Hirsch. Auch hier, so der Oberbürgermeister, setze die Stadt auf einen Mix an Möglichkeiten. Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr, Ladestationen, der Ausbau eines Radewegenetzes seien die Schlagworte, mit denen man sich zurzeit beschäftige. Angedacht werden Vorrangrouten sowohl für den Autoverkehr als auch solche für Radfahrer, mit denen man Verkehrsströme lenken kann. Ein Radschnellweg Richtung Edenkoben und Neustadt ist ebenso in der Überlegung. Allerdings, so Hirsch, könne man nicht nur auf ein Verkehrskonzept vertrauen, da die Bevölkerung in ihrer Altersstruktur und ihren Ansprüchen differiere. „Wir müssen älteren Menschen ein nutzbares Verkehrskonzept anbieten und den Bedürfnissen der jungen Generationen ebenso entsprechen. Es geht nicht, dass Landau außerhalb der Innenstadt einen großen Parkplatz einrichtet und darauf besteht, dass dort jeder auf ein E-Bike umsteigt“, verdeutlicht er.
In diesem Jahr wird auch Ideenfindung zur Neunutzung des Kaufhofgebäudes vorangetrieben. Der 1964 eröffnete Kaufhof in Landau soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Laut Hirsch sei es ein Luxus, während des noch laufenden Betriebes gemeinsam mit dem Investor Ehret + Klein Projektentwickler aus Starnberg über eine Anschlussnutzung des Areals nachdenken und in die Planung einsteigen zu können. In 2021 wird Abriss und der Beginn des Neubaus stattfinden. Ziel ist es, ein neues Stadttor gegenüber vom Hauptbahnhof und am Beginn des Boulevards Ostbahnstraße vor dem Jubiläum 750 Jahre Stadtrechte im Jahr 2024 fertiggestellt zu haben.
Landauer Zahlen:
Die Einwohnerzahl Landaus stieg innerhalb von zehn Jahren von 44.718 auf 48.119. Das ist ein Anstieg um 7,6 Prozent. Waren es 2008 noch 5.873 Studierende in Landau, wurden in 2018 8.631 Studierende gezählt (+ 47 Prozent). Die Gewerbesteuerentwicklung nahm in der vergangenen Dekade um 92,4 Prozent auf 37,9 Millionen Euro zu. Die Arbeitslosenquote liegt bei 4,5 Prozent (gleich wie Neustadt). Die Baugenehmigungen erreichten 2018 ein Volumen von 173,5 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs von 325 Prozent in zehn Jahren. Die Mietpreise stiegen gegenüber 2014 bei Bestandsimmobilien um 18,5 Prozent auf 7,30 Euro pro Quadratmeter und bei Neubezug um 12,7 Prozent auf 8,90 Euro pro Quadratmeter.