Die Babyboomer feiern Geburtstag

1.357.304 Babys sind 1964 in Deutschland auf die Welt gekommen, jeden Tag 3708, jede Stunde 155. Diese Generation wird in nun 50. Und es sind viele, die in diesem Jahr auf ein halbes Jahrhundert zurückschauen. Noch nie war die Geburtenzahl so hoch und sie wurde in Folge auch in keinem Jahr mehr erreicht. Im Gegenteil: 2012 war die Zahl der Neugeburten nur noch halb so hoch. 
Seltsamerweise wurde dieser Jahrgang nicht wirklich wahrgenommen. Gut, man konnte sie nicht ignorieren, dazu waren es zu viele. Aber sie gehörten nicht zu den Revoluzzern, Weltverbesserern, Schwätzern oder Hetzern. Sie zeigten sich nicht als diejenigen, die mit großen Erfindungen die Welt veränderten oder ins Chaos stürzten. Aber sie machten aus neuen Gedanken Realitäten, in dem sie für sich nach ihrem eigenen Geschmack lebten. Als die Aufregung um die Frauenbewegung abebbte, haben die 64er sie einfach umgesetzt. Die Frauen lernten, was sie wollten, wurden eingestellt und verbanden Arbeit und Familie ohne den riesigen Druck, den junge Frauen heute spüren. Sie lebten freie Beziehungen, suchten nach dem richtigen Partner und machten aus Patchworkfamilien Tatsachen. Die Generation lebt bis heute sozialverträglich, aber suchten und fanden ihren eigenen Weg. Vielleicht liegt dies daran, dass sie immer und überall nicht alleine waren und sich deshalb arrangierten mit der Fülle, der Masse und dem Mangel an Individualismus. Damals waren Klassenstärken von 35 bis zu 40 Schülern keine Seltenheit. In den Unis waren die Hörsäle überfüllt, der Arbeitsmarkt klagte nicht gerade über Fachkräftemangel. Die Menge an Gleichaltrigen ebnete den Weg, ohne selbst eine Rebellion anstiften zu müssen, und versperrte ihn gleichermaßen. Es war anstrengend, wahrgenommen zu werden, denn überall wimmelte es von Gleichaltrigen. Das macht verhandlungsbereit, hartnäckig, durchsetzungsstark, pragmatisch und vielleicht auch harmonieverliebt. Sie verließen sich auf das, was sie selbst in der Hand hatten: auf die eigenen Kenntnisse, den eigenen Fleiß. Und suchten sich andere Ziele als nur gemeinsame. Sie konkurrierten zivilisiert. Tatsächlich waren die 64er weniger als heute auf der Suche nach dem perfekten Leben. Sie probierten aus, was andere angestoßen haben und gingen auf Neues ein, ohne Barrikaden erklommen zu haben. Wenn man es genau betrachtet, sind die 64er verantwortlich dafür, dass Veränderungen im Leben ankamen, weil sie sie einfach nach eigenem Gusto umsetzten. 
Viele große Namen feiern in diesem Jahr den 50. Geburtstag. Schweiger, Kerner, Kerkeling, Maske, Klinsmann und Liefers gehören beispielsweise zu dem allerstärksten Jahrgang. Sie sind erfolgreich, strebsam, angenehm und leben ihr Können aus. Und sie sind präsent, ohne ständig darauf aufmerksam zu machen, wie toll sie sind. 
Heute baut der Arbeitsmarkt auf die Männer und Frauen des Jahrgangs ´64. Wenn sie einst in Rente gehen, werden ihre Expertise und ihr Talent, pragmatisch mit Situationen umzugehen, fehlen. Aber bis dahin ist es noch weit. Denn sie sind fitter als alle anderen Generationen vor ihnen.