Es war in dem Jahr, in dem der Winter nicht weichen wollte, der Frühling an einem Vormittag stattfand, der Sommer glühte und der Herbst auf dem Weihnachtsmarkt vorbeischaute. Nichts war da, wo es hingehörte. Mit dem Wetterwandel vollzog sich eher schnell denn langsam ein plötzliches Wechselbad im menschlichen Stimmungsbarometer. Sie, die Menschen, waren misstrauisch, pessimistisch, lachten, tanzten mit aller Welt und versteckten ihre Verunsicherung hinter Launen. Um dann wieder aggressiv den Gegner niederzuknüppeln, wenn es eigentlich um nichts ging. In dieser Zeit, die auf nichts baute, aber mit rasender Geschwindigkeit in eine Zukunft zu rauschen schien, die – wie es ihr nun mal eigen ist – in ihrer Komplexität mit nichts zu greifen ist, in dieser Zeit wagte ein kleines Individuum den Kopf aus der Menge zu strecken, um sich einen Überblick zu verschaffen. Welch ein mutiges, wenngleich schier verrücktes Ansinnen. Hinausblicken auf eine wogende Masse, die mal hier hin und gleich darauf dorthin drängt. Das erste, was das Menschlein sah, waren andere kleine Menschlein, die ebenfalls versuchten, einen Blick auf die anderen zu werfen. Er sah Menschen, die die Masse in eine Richtung lockten, er sah andere, die dort, wo sich Strudel bildeten, das Wirrwarr entwirrten. Das Menschlein hörte permanentes lautes Gerufe, Gemurmel, Pathos und Polemik. Er sah kleine Mengen von Menschen, die zu explodieren drohten, Zirkel von Leuten, die sich kreisförmig um sich selbst drehten und sich abgrenzten, Menschen, die rückwärts gingen, Menschen, die vorwärts rückten, Menschen, die stehen blieben. Es war soviel, dass das Menschlein sich zunächst ängstigte und Mühe hatte, nicht laut zu schreien. Doch je länger er schaute, desto mehr hob er sich heraus. Es hatte System, dieses Chaos. Das Chaos wankte in einer ständigen Unbeständigkeit letztendlich in eine Richtung. An den Rändern franste es aus und zog sich neu zusammen. Langsam, ganz langsam schien jedoch die Richtung klar zu werden. Vorwärts. Blöderweise waren die vielen Rufer, die mit ihm den Kopf herausgestreckt hatten, nicht einer Meinung. Und manches ihrer Rufe war so unglaublicher Blödsinn, dass das Menschlein lachen musste, doch ihm blieb das Lachen im Halse stecken, es war zu furchtbar, zu sehen, wie viele zustimmend nickten. Doch auch diese rückten, wenn auch verwirrt von dem unsäglichen Unsinn, mit den anderen langsam weiter. Das Menschlein blickte um sich, verwirrt und befremdet vom unfassbaren, allgegenwärtigen Lärm, und erblickte das freundliche Gesicht eines sehr alten anderen kleinen Menschleins, der seine Unsicherheit sah. „Ich fürchte mich“, rief unser Menschlein dem anderen zu. „Das brauchst Du nicht“, gab es zurück und lächelte beruhigend. „Aber schau doch, dieses Chaos wird immer schlimmer, immer lauter, immer schneller.“ „Nein, Du irrst. So sind die Menschen. Weder gut noch schlecht. Sie sind da und handeln in der ihr eigenen Weise. Mal laut, mal leise, mal schnell, mal langsam, mal gerade oder auf vielen Umwegen. Es war noch nie anders und es wird sich nie ändern. Schau hin und suche Deinen eigenen Weg in die Zukunft. Es ist Dir gestattet.“
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