Altbekanntes neu entdeckt

Rückzug ins Grüne

Hausgärten feiern ihr Revival, Kleingärten sind beliebter denn je und der Trend des Urban Gardening beweist, dass die Sehnsucht nach der eigenen grünen Insel und der Wunsch, mit Einsatz der eigenen Hände Arbeit Lebensmittel zu erzeugen, keinesfalls ein alter Hut ist. Und dieser Wunsch kennt ganz grundsätzlich keine Grenzen, denn sowohl in dicht besiedelten Gebieten als auch im ländlichen Raum wollen Menschen gleichermaßen die Gartenhacke schwingen. Wenn überhaupt, dann wäre anzumerken, dass die Möglichkeiten, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen, ungleich zwischen urbanem und ländlichem Raum verteilt sind.

Allerdings entstehen fantasievolle Möglichkeiten, Gemüse auf Dächern, in Hochbeeten oder auf kleinsten Flächen anzubauen.Die Gründe für das Streben nach dem eigenen Garten sind indes mannigfaltig und so individuell wie die Menschen, die hinter den Gartenprojekten stehen. Einige Beweggründe, die dazu führten, dass man sich mit der Hacke in der Hand im Garten wiederfindet, würde wohl jeder Gärtner unterschreiben können. So wird die Möglichkeit, sich persönlich zu entfalten, mindestens genauso geschätzt, wie die Verbundenheit mit Natur und Umwelt. Der Zeitplan für Pflege, Aussaat und Ernte der Kulturpflanzen wird von der Natur vorgegeben und lässt genügend Zeiträume zur Entspannung im eigenen Rückzugsraum.

Genau diese Möglichkeit des Rückzugs führt in Verbindung mit einem gesteigerten Interesse an regionalen, biologisch einwandfrei produzierten Produkten dazu, dass Urban Gardening immer mehr Zuspruch erfährt. Durch die eigenverantwortliche Herstellung von Nahrungsmitteln auf lokaler Ebene und dem unmittelbaren oder auch mittelbaren Eigenkonsum dieser werden Ressourcen und Umwelt gleichermaßen geschont. Gärten und Gartenbauprojekte verbessern durch Entsiegelung und durch Umnutzung von Brachflächen das städtische Mikroklima und generieren wichtige Voraussetzungen, um das Ziel der Biodiversität zu erreichen. Die sozialisierende Wirkung des Gärtnerns sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden, denn Gärten sind stets auch ein Ort der Begegnung, der Kommunikation und der gemeinsamen Arbeit. In vielen Städten sind Urban Gardening Vereine aktiv. Eine Übersicht über bereits bestehende Gartenprojekte erhält man unter www.gartenpiraten.net/urbane-gaerten

Nichts geht über meine selbst angebauten Pastinaken

Mit der Rückbesinnung auf traditionelle Anbauverfahren und Bewirtschaftungsformen treten alte Gemüse- und Obstsorten wieder in den Fokus der Gartenfreunde. Eigentlich waren sie ja auch nie weg, die Pastinaken und Mataäpfel, wenn auch ihre Verwendung in der heimischen Küche eine zugegebenermaßen lange Pause einlegte. Gründe für diese Pause gab es viele, denn zuweilen dominierten andere Kriterien, die die Verbraucher und damit folgerichtig auch die Lebensmittelindustrie als Maßstab für die Qualität von Gemüse und Obst anlegten. Hinzu kommt, dass heutzutage Lebensmitteln, die ihren Ursprung in anderen Teilen der Welt haben, fast immer verfügbar sind und sich dadurch unsere Essensgewohnheiten im Laufe des 20. Jahrhunderts nachhaltig verändert haben. Niemand in Deutschland ist mehr darauf angewiesen, eine Gartenfläche zu bewirtschaften, um den eigenen Nahrungsbedarf zu decken. Das Gärtnern zum Selbstzweck gehört definitiv der Vergangenheit an. Warum also dieser Trend zum Anbau traditioneller Gemüse- und Obstsorten, wenn doch im Grunde alle Dinge des täglichen Bedarfs im Supermarkt um die Ecke bezogen werden könnten? Vieles spricht dafür, dass gerade ein Wandel in den Köpfen stattfindet.

Fragestellungen nach Herkunft, Produktion, ökologischen Gesichtspunkten und Qualität von Lebensmitteln rücken immer mehr in den Fokus der Betrachtung. Viel zu oft wurde und wird immer noch die Qualität von Gemüse und Obst anhand der Faktoren Beschaffenheit und Optik bewertet. Der Geschmack, insbesondere aber die tatsächliche Qualität, die sich erst nach einem kräftigen Biss in die Gartenprodukte beurteilen lässt, muss jedoch nicht in ein Schema, in ein normiertes industrielles Raster, passen. Der Trend des Lebensmitteldesigns, das den Wert von Lebensmitteln auf das Vorhandensein einer möglichst blank polierten Optik reduziert, befindet sich auf dem absteigenden Ast. Immer mehr Verbraucher sehnen sich in die Zeiten zurück, in der das Anpflanzen von Gemüse und Obst zur Sicherstellung des eigenen Bedarfes eine Selbstverständlichkeit der persönlichen Daseinsvorsorge darstellte.

Die Optik des Erntegutes spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr waren es Kennzeichen wie Ertrag und Geschmack, die die Gärtner der zurückliegenden Jahrhunderte an- und umtrieben. Weisen heute Rezepte auf die Verwendung von beispielsweise Pastinaken hin, dann wird man nur noch selten schräge Blicke ernten. Alte Gemüse und Obstsorten sind nämlich beliebter denn je und definitiv besser als ihr Ruf. Wer bei klassischen deutschen Gemüsesorten nur an Kohl und Rüben denkt, der lässt viele leckere Klassiker aus. Die Wurzeln, Knollen, Rüben und Salate sind wahre Wertspeicher für Vitamine und Mineralstoffe und können jedem Vergleich mit etablierten Sorten standhalten. Mehr noch: Oft schlagen die alten Sorten in lebensmittelchemischen Tests vergleichbare Produkte aus dem Supermarkt, die meist eine lange Reise hinter sich haben, um Längen. Was läge also näher, als sich auf Pflanzen zurückzubesinnen, die mit fast allen heimischen Standorten zurechtkommen und ohne Einsatz chemischer Hilfsmittel gedeihen?

Pastinake

Bevor die südamerikanische Kartoffel sie weitestgehend verdrängte, war die weiß-gelbliche Pastinake ein wichtiges Nahrungsmittel in Europa. Pastinaken sind reich an Zucker und Stärke und finden in Salaten und Eintöpfen Verwendung. Tipp: Wer Pastinaken gerne süßer mag, der sollte sie erst nach dem ersten Frost ernten. Frostige Temperaturen wandeln nämlich die Stärke der Knolle in Zucker um und lassen sie insgesamt noch vielseitiger einsetzen.

Kohlrabi

Nie ganz von den Tellern verschwunden und zudem typisch deutsch ist der Kohlrabi. Der nussige Geschmack, der von einer milden Schärfe begleitet wird, kann als Rohkost und als Ein- und Beilage in Suppen und Ofengerichten verwandt werden. Sein Reichtum an Vitamin C, Eisen, Kalium und Magnesium ist bemerkenswert. Tipp: Je kräftiger die Farbe des Knollenlaubes, desto frischer ist der Kohlrabi. Größere Knollen können schnell holzig werden und sind schwerer zu verarbeiten.

Petersilienwurzel

Wenn überhaupt, dann kennt man die Wurzel mit dem kräftigen Aroma allenfalls aus dem vorgebundenen Bund Suppengrün. Deshalb bleibt der Nutzen der Petersilienwurzel oftmals auf das Liefern eines würzigen Geschmackstons in Eintöpfen und Suppen beschränkt. Tipp: Die auch als Heilpflanze geltende Wurzel kann mit ein wenig Experimentierfreunde auch als Gemüsebeilage, in Pürees und in Salaten überzeugen.

Melde

Bereits etwa 40 Tage nach der Aussaat kann die geschmacklich an Spinat erinnernde Melde das erste Mal geerntet werden. Die jungen Blätter besitzen ein mildes Aroma und eignen sich gut als Salat oder gedünstet als Gemüsebeilage. Tipp: Bei der Ernte nicht alle Blattpaare entfernen. Wenn man Blattpaare stehen lässt, dann kann die Melde neu austreiben und noch zwei bis drei Mal im selben Jahr geerntet werden. Jens Wacker

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