In Wort und Bild

Wissenschaftler diskutieren, ob man in Sprache denkt und träumt oder ob sich Bilder, so genannte Piktogramme, ihre gedanklichen Wege bahnen. Eine spannende Überlegung – in Wort und Bild. Eindeutig zu klären ist es sicherlich nicht, denn bei einem Selbsttest wird man schnell feststellen, dass vom Hirn je nach Situation sowohl Wörter, unausgesprochene Emotionen als auch Erinnerungsschnappschüsse genutzt werden, um einen Gedanken zu formulieren. Tatsächlich ist es aber eine Sprache, in der man denkt oder träumt. Das weiß jeder, der sich eine Zeit im Ausland aufhielt und eine Fremdsprache über eine längere Zeit um sich hatte. Erstaunlich ist es, wenn man dann zum ersten Mal in der jeweilig anderen Sprache träumt. Aber keine Sorge, das legt sich wieder.

Seltsamerweise funktionieren einige Dinge auch nur wirklich gut in der eigenen Muttersprache. Rechnen zum Beispiel. Deshalb ist es kein Wunder, wenn Servicekräfte mit Wurzeln in einem anderen Sprachraum plötzlich auf Französisch, Russisch, Polnisch oder welche Sprache auch immer die Restaurantrechnung addieren. Märchen aus der Kindheit entfalten ihre Wirkung am besten in der Sprache, in der man sie kennenlernte. Ebenso sind Werbeslogans, Jingles, Lieder und Running Gags meist ihrem Sprach- und Kulturraum nicht zu entreißen. Wer schon einmal versucht hat, einen Witz in einer Fremdsprache zu erzählen – zu verstehen geht ja in vielen Fällen gerade noch – weiß um die Schwierigkeit des Wortwitzes. Denn beim Witz prallen in subtiler oder gewaltiger Art Erwartungshaltung und Realität aufeinander. Dabei entstehen skurrile Bilder. Wiederum in Wort und Piktogramm, um den Fachbegriff zu verwenden.

Wer eine Fremdsprache erlernt, der erfährt mehr als nur Grammatikregeln und Wortübersetzungen. Mit der Sprache, der Art des Ausdrucks und der typischen Wortwahl dringt man in die Seele eines Kulturraums ein. Man lernt den Umgang mit dem vielleicht anderen Höfl ichkeitsverständnis. Das Zwischenmenschliche wird unausweichlich deutlich. Außerdem sind Tonfall, Satzmelodie, Sprechgeschwindigkeit und Gestik Indikatoren für Selbstverständnis, Emanzipation, Aufmerksamkeit und gegenseitigen Respekt.

Da fügen sich wieder die Bilder den Worten zu. Kommunikation, das weiß jeder, der schon einmal die Freude hatte, einem Kommunikationstrainer zuzuhören, läuft ohnehin nur zu einem geringen Teil über das Wort. Der Großteil der Botschaften erreicht das Gegenüber auf anderen, kleinlichen und manchmal kaum zu registrierenden Wegen. Auch hier geschieht die Verknüpfung von Wort und Bild. Das ist auch eine Chance, wenn Sprache als Verständigungswerkzeug nicht wirklich brauchbar ist. Wenn die Vokabeln fehlen, können sich immer noch die Bilder gleichen. Von den Emotionen ganz zu schweigen.