Trend: Minimalismus

Von allem zu viel, zu beliebig und unwesentlich. So empfi nden Minimalisten das Leben in einer Konsumgesellschaft. Sie reduzieren ihre eigenen Besitztümer auf ein für sie akzeptables Minimum und meiden den Überfl uss. Sie verschenken, tauschen oder verkaufen Dinge, auf die sie verzichten können, und fühlen sich nach eigenen Angaben mit jedem Stück ein wenig leichter und freier. Einige leben als Vegetarier oder Veganer, manche misten sogar ihren Freundes- und Bekanntenkreis konsequent aus. Warum Minimalisten sich und ihre unmittelbare Umgebung drastisch reduzieren wollen, hat unterschiedliche Gründe.

Zum einen ist es ein Protest gegen Massenproduktion, Massentierhaltung und unsoziale Arbeitsbedingungen, wie sie bei der Textilproduktion in Asien aufzufi nden sind. Andere haben die Finanzkrise zum Anlass genommen, die für sie beispielhaft für den Werteverfall und die unsinnige Glückssuche im immer größeren Gewinnstreben steht. Andere wiederum werden von persönlichen Erfahrungen geleitet. Das können schmerzhafte Trennungen, Familienkrisen oder persönliche Versagensängste sein. Mit einem Konsumverzicht wird häufi g auch eine geringere Arbeitsbelastung verknüpft. Kein Haus voller Dinge muss erarbeitet und abbezahlt werden.

Somit bleibt für Minimalisten mehr Zeit für Wesentliches: das Leben im Moment. Der bewusste Konsumverzicht konnte in der Vergangenheit immer mal wieder als Bewegung beobachtet werden. Angefangen bei den Franziskanern, die dem Beispiel des Franz von Assisi nacheiferten. Als Sohn einer wohlhabenden Familie führte er zunächst einausschweifendes Leben. Schlimme Kriegserfahrungen entsetzten ihn und ließen ihn an seinen eigenen Zielen und Weltanschauungen zweifeln. Als Konsequenz entsagte er weltlichen Luxusgütern, verschenkte statt verkaufte die Waren seines Vaters und sagte sich nach gerichtlicher Auseinandersetzung von seinem weltlichen Vater los. Anschließend bewegte Franz von Assisi sich am Rand des Existenzminimums, um seinem Glauben völlige Aufmerksamkeit schenken zu können.

Aus jüngerer Vergangenheit sind Schlagworte wie Simplify your Life oder Weniger ist mehr bekannt, die helfen sollten, den Überfluss zu ordnen und das eigene Leben besser in den Griff zu bekommen. In mancher Hinsicht geht es um den Rückgewinn von Kontrolle über sich und die individuelle Art zu leben. Sinnsuche und Ordnung sowie der persönliche Entzug aus der Fremdbestimmung führen Minimalisten zu einer bewussten Einschränkung, die sie eher als Befreiung begreifen und empfinden. Dieser Gegentrend zum unkontrollierten Konsumverhalten wird nur von wenigen in aller Konsequenz durchgehalten, wenngleich ihre Zahl steigend ist. Schließlich kann es auch durchaus unbequem sein, auf dem Boden zu schlafen oder nur eine Kochplatte zu besitzen.

Ein Umdenken im allgemeinen Einkauf- und Verbrauchsverhalten hat jedoch auf breiter Ebene stattgefunden. Insgesamt konsumieren die Deutschen zwar mehr, aber durchaus gezielter. Seit einigen Jahren steigt die Nachfrage nach hochwertigen und authentischen Produkten. Die bewusste Auswahl, dessen was uns wichtig erscheint, spiegelt sich im geänderten Kaufverhalten wieder. Das können Gemüse aus der Region, ein besonderes Möbelstück oder auch Ausgaben für Kulturveranstaltungen und Reisen sein. Diese bewusste Entscheidung lässt man sich auch etwas kosten und lehnt dafür andere, nicht den persönlichen Vorstellungen entsprechende Dienstleistungen oder Produkte ab. Damit wird der unkontrollierte Konsum zumindest eingedämmt, was den nicht nachvollziehbaren Warenströmen in einer globalisierten Welt einen Kontrapunkt setzen soll. Natürlich hat auch die gezielte Kaufbereitschaft etwas mit Reduzierung, Vereinfachung und Konzentration auf das Wesentliche zu tun und kann somit als die teure Schwester des Minimalismus betrachtet werden.