Heute habe ich Zeit - die Zeiteinteilung

Im Wartezimmer. „Ich sitze hier bereits seit einer Ewigkeit.“ Der Blick des Wartenden fällt prüfend auf das Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Tatsächlich dauert die gefühlte Ewigkeit seit 30 Minuten an. 30 Minuten, die sich wie eine Stunde anfühlen. Tempus fugit? Der Begriff der Zeit wird in die bereits seit der Grundschule bekannten Einteilung des Tages in Stunden, Minuten und Sekunden gemessen, aber nicht selten durch den subjektiven Eindruck von Zeit ersetzt. Zeit ist nun mal relativ, möchte man an dieser Stelle feststellen und sich zufrieden zurücklehnen, was für den jeweilig persönlichen Eindruck von Zeit in seiner Dauer sicher auch zutrifft. Mit der real gemessenen Zeit hat der für unseren Sprachgebrauch entlehnte Zeitbegriff jedoch nur wenig zu tun.

Der natürliche Taktgeber der Zeitmessung, der Wechsel von Tag und Nacht, hat sich seit Menschengedenken nie verändert.

Kein Wunder also, dass bereits die Hellenen auf die Idee kamen, für diese Regelmäßigkeit eine nachvollziehbare Einteilung zu finden. Die Unterteilung des Tages in 24 Stunden war das Resultat des antiken Entdeckergeistes und hat sich als gemeinsame Konstante auf allen Kontinenten durchgesetzt. Gleiches gilt für die Einteilung der Woche in sieben Tage. Den Anfang der Zeitmessung bildete die Einteilung des Tages in die so genannten Temporalen Stunden, die sich in zwölf Stunden lichter Tag (Astronomisch auch Tagbogen der Sonne genannt) und zwölf Stunden Nacht unterteilen ließen.

Die Zählung der ersten Temporalen Stunde begann entweder bei Sonnenauf- (lichter Tag) oder Sonnenuntergang (Nacht).

Damit fielen Mittag und Mitternacht jeweils auf die sechste oder siebte Stunde. Da sich die Längen der Temporalen Nacht- und Tagstunden über den Verlauf des Jahres ändern (Sommer: längere Tagstunden, Winter: längere Nachtstunden) und nur zum Frühlings- und Herbstbeginn gleich lang sind (Tag-und-Nacht-Gleiche), hatte sich in der Neuzeit eine neue Einteilung durchgesetzt. Mit der Verbreitung mechanischer Uhren löste man sich von der Sonne als wichtigsten Taktgeber der Zeiteinteilung und etablierte an gleicher Stelle eine Systematik, die unabhängig von der Jahreszeit eine gleichbleibende Einteilung des Tages ermöglichte, die äquinoktialen Stunden. Nach der einheitlichen Tageseinteilung rückte ein Problem in den Vordergrund, das sich durch die voranschreitende Technisierung ergeben hatte.

Menschen, die lange Wegstrecken auf dem Globus zurücklegten, mussten damit rechnen, dass sie auf ihrer Reise ständig ihre Uhren umstellen mussten, was im Wesentlichen an einem Wirrwarr aus verschiedenen nicht verbindlichen (mittleren) Ortszeiten lag.

Diese Ortszeiten richteten sich nach dem jeweils höchsten Sonnenstand im Tagesverlauf (Sonne steht im Zenit =12 Uhr). Eine Lösung musste her und wurde mit der Schaffung der Zonenzeiten gefunden. 1884 einigte sich die Weltgemeinschaft darauf, eine für alle gültige Weltzeit (Greenwich Mean Time – GMT) festzulegen. Als Nullpunkt/Nullmeridian legte man den durch Greenwich in England verlaufenden Meridian fest. Die GMT ergibt sich durch astronomische Messungen der mittleren Ortszeit am Nullmeridian in Greenwich. Geht´s noch genauer? Ja. Seit über 40 Jahren wird die Weltzeit durch Atomuhren überwacht und die so genannte koordinierte Weltzeit (UTC) findet Anwendung. Diese wird größtenteils im internationalen Verkehr und im Internet angewandt, um allseits einheitliche Zeitangaben zu ermöglichen. Im Alltag wird innerhalb der verschiedenen Längengrade hingegen nach wie vor die Zonenzeit vorgezogen.
Jens Wacker