Organspende - Kein Buch mit sieben Siegeln

Sich mit den Themen Tod und der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen, fällt nicht leicht und ist noch weniger etwas, was man sich gerne vornimmt. Wie wertvoll es dennoch sein kann, sich bereits frühzeitig Gedanken über ein Ereignis zu machen, dass hoffentlich so spät wie möglich eintritt, beweist die Entscheidung pro oder contra Organspende(-ausweis). Egal wie man sich letztlich entscheidet, also pro oder contra Organspende, es gibt keinen Grund, keinen Organspendeausweis auszufüllen.
Denn dieser schafft, egal ob man sich für ein Ja zur Spende oder für ein Nein entscheidet, Klarheit über den eigenen Willen.

Wer kommt rechtlich für eine Organspende in Frage?
Für eine Organspende kommt in Frage, wer die eigene Entscheidung, Organe oder Gewebe spenden zu wollen, in einem Organspendeausweis festhält. Nur Besitzer eines Ausweises schaffen für sich eine unumstößliche Klarheit des postmortalen Umgangs mit den eigenen Organen und dem eigenen Gewebe. Dabei ist es möglich, auf dem Ausweis neben der vollen oder auf einzelne Organe beschränkten Spendenbereitschaft, aber auch die grundsätzliche Weigerung spenden zu wollen, festzuhalten. Und diese Angaben sind allseits verbindlich. Wurde zu Lebzeiten aber kein Ausweis ausgefüllt oder anderweitig ein Umgang mit den Organen und dem Gewebe nach dem Ableben testamentarisch geregelt, dann entscheiden
die nächsten Angehörigen. Diese haben bei einer Entscheidung den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu beachten. Angehörige, die mit dem Verstorbenen in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod keinen persönlichen Kontakt hatten, sind von der Entscheidung ausgeschlossen.

Wann werden Organ- und Gewebespenden entnommen?
Eine Organ- und Gewebespende ist theoretisch möglich, wenn der unumkehrbare Hirnfunktionsausfall
(Hirntod) eingetreten ist. In diesem Fall können Ärzte entscheiden, ob die Organe des Verstorbenen zu Spenderorganen werden dürfen oder nicht. Für diesen Fall ist es wichtig, sich zu Lebzeiten mit dem Thema
Organ- und Gewebespende zu beschäftigen, um zu einer persönlichen Entscheidung zu gelangen.

Welche Organe können gespendet werden?
Herz, Lunge, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Darm. Außerdem können folgende Gewebearten gespendet werden: Horn- und Lederhaut der Augen, Herzklappen, Haut, Blutgefäße, Knochen-, Knorpel- und Weichteilgewebe sowie Gewebe, die aus Bauchspeicheldrüse oder Leber gewonnen werden. Gewebe werden - anders als Organe - in der Regel nicht direkt übertragen. Sie können in Gewebebanken konserviert und zwischengelagert werden, bis sich ein geeigneter Empfänger gefunden hat.

Ist es möglich, bestimmte Organe von der Spende ausschließen?
Ja. Auf dem Organspenderausweis kann man ohne Begründung bestimmte Organe und Gewebe von der
Entnahme ausschließen oder umgekehrt die Spendebereitschaft nur auf bestimmte Organe und Gewebe beschränken, indem man das zutreffende Feld auf der Rückseite des Organspendeausweises ankreuzt und die entsprechenden Organe oder Gewebe vermerkt.

Gibt es Vorerkrankungen, die eine Organspende ausschließen?
Eine Organentnahme ist dann ausgeschlossen, wenn der Organspender an einer akuten Krebserkrankung
leidet oder ein HIV-positiver Befund vorliegt. Bei allen anderen Erkrankungen wägen die Transplantationszentren
gemeinsam mit dem über diese Sachverhalte aufgeklärten Empfänger Nutzen und Risiken im individuellen
Fall ab. So ist auch nach einer ausgeheilten Krebserkrankung eine Organspende prinzipiell möglich. Zur
Transplantation frei gegebene Organe werden zum Entnahmezeitpunkt genauestens untersucht. Es ist deshalb auf alle Fälle ratsam, Immunerkrankungen und auch andere Erkrankungen, wie Diabetes, auf dem Organspendeausweis zu vermerken.

Kann der Empfänger der Spende selbst gewählt werden?
Nein. Das Transplantationsgesetz (TPG) enthält klare Vorgaben für eine transparente und patientenbezogene
Organverteilung durch die unabhängige Vermittlungsstelle Eurotransplant in Leiden (Holland).

Wer entscheidet über die Vermittlung von Organen und welche Kriterien spielen eine Rolle?
Die Vergabe von postmortal gespendeten, vermittlungspflichtigen Organen erfolgt nach § 12  Transplantationsgesetz ausschließlich nach medizinischen Kriterien, insbesondere nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit für geeignete Patienten. Die Vermittlungsregeln werden in Richtlinien der Bundesärztekammern festgelegt und sind Grundlage jeder Vermittlungsentscheidung. Eine Verteilung der zur Verfügung stehenden Spenderorgane nach nichtmedizinischen Kriterien, zum Beispiel Einkommen, Herkunft oder etwa dem Versicherungsstatus, ist damit rechtlich ausgeschlossen. Hinzu kommen medizinische Kriterien für die Organvermittlung. So zählen der körperlichen Gesundheitszustand und bestimmte körperliche Merkmale
von Spendern und potenziellen Empfängern, wie zum Beispiel Blutgruppe, Größe, Gewicht, Alter und Geschlecht, aber auch weitere Umstände, die aus medizinischer Sicht Einfluss auf Dringlichkeit und Erfolgsaussicht einer Transplantation haben können, wie zum Beispiel die Wartezeit der potenziellen
Empfänger auf der Transplantations-Warteliste und die Zeitdauer zwischen Entnahme und Transplantation
des betreffenden Organs, zu den Entscheidungskriterien.

Woher bekommt man einen Organspendeausweis?
Einen Organspendeausweis kann über das Onlineangebot des Bundesministeriums für Gesundheit
heruntergeladen, ausgedruckt und ausgefüllt werden. Zudem können Organspendeausweise kostenlos bei der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation
(DSO) angefordert werden. Auch Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen
stellen ihren Versicherten Organspendeausweise kostenlos zur Verfügung. Ebenso sind in  Einwohnermeldeämtern, vielen Arztpraxen, Apotheken sowie Krankenhäusern Ausweise erhältlich.

Ab wann und bis wann kann ein Organspendeausweis ausgefüllt werden?
Dem Transplantationsgesetz folgend können Minderjährige ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende
ab dem vollendeten 16. Lebensjahr und ihren Widerspruch ab dem 14. Lebensjahr erklären. Eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten ist nicht notwendig. Eine Altersobergrenze gibt es nicht.

Wo bewahre ich den Ausweis am besten auf?
Laut Bundesministerium für Gesundheit ist in der Regel die Geldbörse der beste Ort für den Ausweis. Es ist aber auch empfehlenswert, mit Angehörigen oder einer Person des Vertrauens zu sprechen. Diese wissen dann zusätzlich Bescheid und können im entsprechenden Fall über die Frage der Organspende entscheiden.

Kann man seine Meinung nach Ausfüllen des Ausweises noch einmal ändern?
Ja, jederzeit. Durch Vernichtung des Organspendeausweises. Alternativ kann aber auch „ich möchte keine
Organe spenden“ auf dem Ausweis angekreuzt werden. Das erfüllt denselben Zweck.

Wie hoch ist der Bedarf an Spendern/ Ist es überhaupt notwendig, sich mit dem Thema zu befassen?
Lebensbedrohliche Krankheiten oder der Verlust wichtiger Organfunktionen machen häufig eine Organtransplantation notwendig. Auf den Wartelisten der europäischen Verteilungsorganisation Eurotransplant
stehen laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums derzeit etwa 10.000 Patienten aus Deutschland.
Diese sind davon abhängig, dass jemand gefunden wird, dessen Organ ihnen übertragen werden kann.