Ganz stille Nacht

Schon früh im Jahr beginnen die Vorbereitungen für Weihnachten. Nicht zuletzt die Kirchen stimmen sich auf das wichtige Fest in ihrem Jahreskalender ein. Für eine Vielzahl der Deutschen ist der Besuch des Gottesdienstes an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen nicht nur wichtig, sondern sogar der einzige Besuch einer Kirche überhaupt im Jahresverlauf. Ob nun Tradition oder inneres Bedürfnis – oder auch beides – es ist fraglich, wie und auch wo die Christmette in diesem Jahr stattfinden wird. Niemand kann voraussehen, wie sich die Pandemie entwickeln wird und welche regionalen Auswirkungen die Planungen beeinflussen werden. Die ersten Gedankenspiele sehen vor, den Heiligabend-Gottesdienst auf dem Dorf- oder Sportplatz durchzuführen. Aber was ist, wenn das Wetter nicht mitspielt? Wenn die Hygiene- und Abstandsregeln weiterhin gelten und ein open-air Gottesdienst wetterbedingt ins Wasser fällt, dann müssten je nach Kirchengröße und üblichem Besucherandrang bis zu zehn Gottesdienste nacheinander angeboten werden, um alle Besucher sicher willkommen heißen zu können. Online-Übertragungen per Streaming ist eine Idee, mit der man schon längst in einigen Gemeinden arbeitet und gute Erfolge hat. Das wird jedoch den Einsamen, den Alleinstehenden und den wenig technisch versierten Menschen nicht helfen.

„Weihnachten ist ein Fest, das einer Rückreise in vertraute Kindheitszeiten gleichkommt", erklärt Kristian Fechtner, Professor für Praktische Theologie an der Universität Mainz, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Gefühl von Vertrautheit werde sich in Stadien aber nur schlecht einstellen, gibt er zu bedenken. Was ihm als Lösung für das Fest-Dilemma vorschwebt, nennt er Unterwegs-Weihnachten.

Posaunenchöre könnten durch die Wohngebiete ziehen. Anstelle des einen zentralen Krippenspiels könnten mehrere über den Ort verteilte Stationen aufgebaut werden, an denen die Kirchgänger vorbeikommen. Die Kirche selbst könnte auf die üblichen Großgottesdienste komplett verzichten, stattdessen den ganzen Tag über mit den Besuchern kleinere liturgische Feiern abhalten und sie mit einer kleinen Weihnachtsgabe wieder gehen lassen. Auf jeden Fall sollten Familien, die zu Hause Weihnachten feiern, einen Anreiz bekommen, das Haus zu verlassen. „Der Gang zur Krippe wäre für mich ein Leitmotiv", sagt der Theologe.

Es gibt viel zu planen und neuzudenken, damit es nicht eine ganz stille Nacht wird.

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