auf Eis gelegt

Mitte des vergangenen Jahres verblüfften Unternehmen des Silicon Valleys wieder einmal die deutschen Gemüter. Weil große Firmen wie Facebook und Google möglichst lange ihre jungen, gut ausgebildeten Frauen im Unternehmen halten wollen, bieten sie ihnen die Finanzierung des Einfrierens ihrer Eizellen an. Somit sei das Ticken der biologischen Uhr angehalten und damit der Druck von den Frauen genommen, sich um ihre Familienplanung Gedanken machen zu müssen.

Vor welchem Hintergrund enstand die Idee des Egg Freezing?

In den USA sind mit dem Egg Freezing – oder wie wir Deutschen sagen Social Freezing - hohe Kosten verbunden. Unterschiedliche Quellen nennen einen Betrag bis zu 20.000 Dollar. Es muss sich also für die Firmen lohnen, wenn sie bereit sind, derartig in die Frauen zu investieren. Die High Potentials in ihrer besten Zeit gehen schon ohne schwanger zu sein vom Karriere-Gas, wenn sich der Gedanke ans Kinderkriegen in ihre Köpfe schleicht. Das will man verhindern. In den USA bestehen anders als in Deutschland wenige bis keine gesetzlich geregelten Möglichkeiten, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Mutterschutz, Kindergeld und Elternzeit, was in den europäischen Ländern schon längst praktiziert wird, sind den Amerikanern nur als traumhafte Gratifikationen bekannt – nicht als standardisiertes Recht. Vor diesem Hintergrund sind die Vorstöße der kalifornischen Firmen erst einmal zu betrachten. Grundsätzlich beleuchten sie jedoch ein generelles Problem, das auch deutsche Frauen umtreibt: Gut ausgebildet, jahrelang darauf hingearbeitet! Und nun? Karriere oder Familie? Beides möchten sowohl Frauen, Paare und Rentenkasse. Arbeitgeber möchten vor allen Dingen eines: Sie möchten die Frauen nicht verlieren. Doch ist es mit allen zur Verfügung stehenden Angeboten überhaupt möglich, Kind und Karriere – und wir sprechen jetzt von anspruchsvollen (Führungs-)Positionen und nicht von einem Job – zu vereinbaren?

Ist die Koordination von Berufsalltag und Familie überhaupt möglich?

Eine erfolgreiche Karriere erledigt sich nicht halbtags und eine verantwortungsvolle Kindererziehung kann man weder dauerhaft delegieren noch nebenher organisieren. Und: Ein Tag hat nur 24 Stunden! Das sind die Fakten. Trotzdem wird immer wieder suggeriert, dass bei gutem Management genau dies möglich sei. Das mag im Einzelfall auch gelingen, doch ist der Preis im Allgemeinen sehr hoch - nicht nur für die Kinderbetreuung. Den Preis zahlen die Frauen, weil es Stress in Reinform ist. Den Preis zahlen die Kinder, wenn sie ihre Jugend ausschließlich in Betriebskindergärten, Horten, bei Tagesmüttern oder mit Au-pair-Mädchen verbringen, ein Schulessen zu sich nehmen, das häufig den Namen noch nicht einmal verdient und ihre kindlichen – oder später pubertären - Bedürfnisse auf Termin legen. Oder auch nicht. Den Preis zahlt die Gesellschaft, weil Kindererziehung staatlich wird und wir als Ergebnis eine Jugend erhalten, deren Erziehung ein Job war. Dieses Ergebnis ist im Einzelfall mehr oder weniger gut.

Die vielseitige Rolle der Frau

Kurios an diesen Debatten, die sich im Anschluss an Gedankengänge entwickeln, ist die Heftigkeit, mit der die fundamentalen Glaubensvertreter weiblicher Lebensgestaltung ihr Credo der Welt geradezu aufdrängen. Die Frau auf die Mutterrolle zu reduzieren ist ebenso großer Unsinn wie aus jeder Frau eine Karrierefrau machen zu wollen. Die Welt der Frauen teilt sich nicht Rabenmütter und Übermütter, sie teilt sich nicht in Karrierefrauen und Faulenzerinnen, es gibt auch nicht nur intelligente und dumme Blondinen. Es gibt auch Frauen zwischen den Extremen. Diese haben es schwer, weil der Erwartungsdruck aller Seiten auf ihnen lastet. Keine noch so wohlwollende gesellschaftlich bevorzugte Lösung ist vollkommen, da sie die Individualität des Einzelfalls gar nicht berücksichtigen kann. Den Druck kann man nur dann wirkungsvoll verringern, wenn das moderne Höher–Schneller–Weiter-Prinzip endlich durchbrochen werden würde. Die Frage ist doch, warum eine weibliche Karriere unbedingt mit Ende 20 bis Mitte 30 ihren Höhepunkt haben muss. Warum ist es nicht möglich, den Frauen einfach mehr Zeit in ihrer Karriereplanung zu lassen. Irgendwann sind die Kinder schon alt genug. Statt die Familienplanung auf Eis zu legen, wäre es doch einen Gedanken wert, die Karriere eine zeitlang auf Eis zu legen…