Von Jägern und Sammlern, Ackerbauern und eisenliebenden Kelten

Archäologische Funde beweisen, dass bereits in der Altsteinzeit, dem Altpaläolithikum, also bereits vor etwa 600.000 Jahren, Menschen die Pfalz bewohnten. Bevorzugte Wohnquartiere waren in jener frühen Zeit der Besiedlung des Landstriches laut Dr. Andrea Zeeb-Lanz, Archäologin und Gebietsreferentin der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) in Speyer, Höhlen und Abris (überhängende Felsdächer), die bereits seit der Alt- oder spätestens der Mittelsteinzeit zu Wohnzwecken aufgesucht wurden.

Sesshaftwerdung bringt Fortschritt

Die Rekonstruktion des Lebens in der Jungsteinzeit, Mitte des sechsten Jahrtausends v. Chr., in der Menschen als Jäger und Sammler ohne festen Wohnsitz die Region bereisten, fällt schon deutlich schwieriger. Zudem sei, so Dr. Andrea Zeeb-Lanz, die Siedlungsdichte in Mitteleuropa zu der Zeit der Jäger und Sammler „sehr viel dünner als in späteren Zeitabschnitten“ gewesen. Eine große Änderung tritt ein, als um das Jahr 5.300 v.Chr. aufgrund einer Besiedlungswelle erste Ackerbauern den Rhein überquerten und sesshaft wurden. Diese Welle kann laut Dr. Andrea Zeeb-Lanz als „regelrechte Revolution“ bezeichnet werden, die viele Bereiche des Lebens erfasste aber auch erste großformatige Umformungen der Landschaft bedeuten sollte. Extensiver Ackerbau und Viehhaltung erzeugten neue Bedarfe an Fläche. Durch Rodungen des ehemals flächendeckenden Waldes wird dem Flächendruck der Landwirtschaft begegnet. Entgegen der Jäger und Sammler der Jungsteinzeit leben die frühen Pfälzer Ackerbauern in Siedlungen, bestehend aus Gebäuden, die in ihrer Dimensionierung (Länge bis zu 40 Meter, Breite sechs bis acht Meter) dem gestiegenen Platzbedarf der Sippe Rechnung tragen. Neben dem Ackerbau brachten die Neusiedler auch bisher unbekanntes Knowhow mit in die Region: Sie verstanden es, Ton zu formen und zu brennen. Außerdem kann mittels archäologischen Funden nachgewiesen werden, dass die Herstellung und das Weben von Textilien ebenfalls zum Kanon der Fertigkeiten der Bauern zählte.

Es wird bunt. Wie Dr. Andrea Zeeb-Lanz erklärt, folgten auf die „frühesten Ackerbauern, die aufgrund der in Linienbänder angeordneten Verzierung ihrer Gefäße Linienbandkeramiker oder kurz Bandkeramiker genannt werden“ verschiedene Kulturgruppen mit teils illustren Namen. Hierzu zählen die Rössener Kultur, die Michelsberger Kultur, die Schnurkeramiker und die Glockenbecherleute, deren Anwesenheit in der Region durch archäologische Fundstellen belegt ist.

Bronze- und Eisengewinnung/-verarbeitung verändert die Region

Die beginnende Bronzezeit, um ca. 2.000 vor Christus, bringt mit der Legierung Bronze ein zentrales Handels- und Wirtschaftsgut, das auch Auswirkungen auf das Wirtschaften insgesamt hat. Neben der Spezialisierung auf Ackerbau treten erstmals neue Berufe, neue Spezialisierungen im Bereich Handwerk auf, die der veränderten wirtschaftlichen Nachfrage Rechnung tragen. Weitere 1.200 Jahre später, um 800 v.Chr., entwickelt sich in der Region schrittweise das Wissen über die Gewinnung und Verarbeitung von Eisen. Und die Pfalz, genauer der Pfälzer Wald, bietet die benötigten Rohstoffe für den neuen Wirtschaftszweig.

Dr. Andrea Zeeb-Lanz zu den Rohstoffquellen und sich daraus ergebenden Machtsphären:
„Der Pfälzer Wald bietet hierfür (Anm.d.Verf.: Eisengewinnung und –verarbeitung) auch eine ganze Reihe von Rohstoffquellen, die mit der Zeit systematisch ausgebeutet werden. Dies führt dazu, dass mächtige Clan- oder Stammesführer, die die Eisengewinnung und –verarbeitung kontrollieren, nun in der Lage sind, sich regelrechte„Residenzen mit einer beachtlichen Bevölkerung aufzubauen – die Heidenmauer bei Bad Dürkheim, eine mit einer eindrucksvollen, mächtigen Steinmauer umgebene Siedlung auf dem Berg über der heutigen Stadt, legt davon beredtes Zeugnis ab.“

Die Eisenzeit wurde immer mehr ihrem Namen gerecht. Neben Waffen und Werkzeugen wurden inzwischen auch Gebrauchs- und Schmuckgegenstände aus dem Rohstoff der Zeit hergestellt. Aus der eisenliebenden Kultur erwuchs laut Dr. Andrea Zeeb-Lanz, eine neue Kulturstufe, deren Vertreter heute als Kelten bekannt sind. Die Kelten waren allerdings entgegen dem landläufigen Verständnis keine homogene Volksgemeinschaft, sondern vielmehr ein Zusammenschluss vieler Kleinstämme, die sich untereinander nicht immer nur friedlich begegneten.

Über viele Jahre hinweg entwickelte sich bei den keltischen Stämmen eine eindeutige Formsprache bei sowohl Keramiken, als auch bei den inzwischen meisterlichen Ergebnissen der Eisenverarbeitung.

Als bedeutendste Siedlung aus der Zeit der Kelten gilt die Großsiedlung am Donnersberg bei Kirchheimbolanden, die stadtartig auf rund 240 Hektar und umrahmt von einer vier Meter hohen Stadtmauer als größte spätkeltische Ansiedlung nördlich der Alpen gilt. Als Folge zunehmender Einfälle der Germanen von der rechten Rheinseite und dem drohenden Vorstoß des Römischen Reiches nach Norden dünnte die Bevölkerung des Umlandes der Siedlung derart aus, dass kaum noch Handel betrieben werden konnte und die Lebensmittel knapp wurden. Mit der Auflassung der großen Stadtsiedlung auf dem Donnersberg endet laut Dr. Andrea Zeeb-Lanz letztlich auch die Geschichte der Kelten in der Pfalz. Die keltischen Siedler, die noch die ersten Jahrhunderte nach Christus in der Pfalz blieben, wurden früher oder später von der römischen Kultur vereinnahmt. Abzulesen ist der Übergang heute an dem Ausbleiben keltischer Fundstücke ab dem ersten Jahrhundert nach Christus.

Glaube

Die Rekonstruktion des Alltags der keltischen Stämme ist aus heutiger Sicht recht schwierig, aber nicht unmöglich. Grabungsfunde geben Aufschluss über Fragen wie zum Beispiel die Kelten wohnten, sich kleideten und welcher Arbeit sie nachgingen. Über den Glauben der Kelten ist hingegen nur wenig bekannt, was ursächlich mit dem Fehlen von eigenen Schriftquellen, die möglicherweise eine exakte Beschreibung der Glaubenswelt zuließen, zu erklären ist. Bekannt ist, dass die Kelten einen engen Draht zur Natur und zur Umwelt pflegten. Bei den keltischen Beobachtungen und Deutungen im Bereich Astronomie, wie zum Beispiel dem Verlauf der Gestirne und der Sonne über das Jahr hinweg, verschwimmen aus heutiger Sicht die Grenzen zwischen Glaube und Wissen.

Quelle: Dr. Andrea Zeeb-Lanz, Archäologin, Gebietsreferentin der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), Speyer, Beitrag: „Pfalz Geschichte – die Zeit vor den Römern“ auf der Webseite www.heimat-pfalz.de beschreibt

Jens Wacker