Was tun, wenn selbst Brennnesseln und Brombeeren vertrocknen? Anhaltende, extreme Hitze und Trockenheit, wie in diesem Sommer, setzen auch besonders den Bäumen in der Stadt zu, im privaten Garten ähnlich, wie im öffentlichen Raum. Die dringend benötigten Schattenbäume müssen nicht nur so bald wie möglich gepflanzt werden, ihr Gedeihen muss gewährleistet werden.
Gleißendes Licht
Ich überquere am frühen Nachmittag einen offenen, sonnigen Platz an einem heißen Sommertag. Gleißendes Licht, flirrende Hitze, Luft die mir wie eine glühende Wand entgegentritt. Ich bin froh, den Schatten der angrenzenden Häuserreihe zu erreichen, wirkliche Erleichterung und Abkühlung spüre ich aber erst in dem Moment, wo ich im Schatten großer Bäume ankomme.
Kühlender Schatten
Kühlung und angenehmen Aufenthalt im Freien gibt es an solchen Sommertagen nur noch im Schatten von Laub. Dem Laub von Bäumen, oder berankten Pergolen und Laubengängen. Die Masse der verdunstenden Laubblätter bringen messbare Abkühlung. Keine Überdachung, keine Markise bringt einen gleichermaßen angenehmen Schatten.
Wohltuender Schatten im Schwetzinger Schloßgarten im Hochsommer Bei meinem jüngsten Besuch des Schwetzinger Schlossgartens Ende Juli fand ich den Kontrast, den Unterschied in der gefühlten Temperatur zwischen dem offenen barocken Parterre (in der Regel ein Bereich, der einem Gebäude, einer Terrasse vorgelagert ist, mit formalen, häufig symmetrisch entlang mindestens einer Hauptachse, eventuell auch Querachsen, angelegten Beeten, mit niedriger, ornamentaler Bepflanzung, typisch für Barock und Rokoko) und den angrenzenden Laubengängen und mehrreihigen Lindenhochhecken wieder einmal auffallend deutlich. In diesem herausragenden Beispiel barocker Gartenkunst mit seiner Erweiterung durch einen Landschaftsgarten gibt es selbst an heißesten Tagen, die Möglichkeit sich in vielfältige kleinere und mittlere Gartenräume im Bereich des Bosketts (‚Lustwäldchen‘, durch gerade Achsen gegliedert, Teilbereiche sind von z.T. hohen Hecken umgeben, typisches Element des Barockgartens) und entlang der zahlreichen kleineren Wege-Achsen in den kühlen Schatten zurückzuziehen. Im Landschaftsgarten spenden viele alte Bäume Schatten.
Es ist unter anderem der Wechsel zwischen besonnten und beschatteten Partien, die mich am Schwetzinger Schlossgarten schon immer faszinieren, nie ist der Weg weit von der Sonne in den Schatten und umgekehrt. Gleichzeitig hat der Park eine Vielfältigkeit und Weitläufigkeit, die es immer wieder ermöglicht den Garten neu zu erleben – auch heute kann eine Vielzahl von Inspirationen, durch Bilder, Elemente von Gartensituationen, die Arbeit in der Gartenplanung beeinflussen, auch wenn dies nicht in formaler Gestaltungssprache umgesetzt wird.
Alte Bäume, junge Bäume
Die historischen Gärten und Parkanlagen haben den Parks und Grünflächen, die neueren Datums sind, in der Regel den alten Baumbestand voraus. So wichtig es ist, neue Bäume zu pflanzen, mindestens genauso wichtig ist es alte Bäume zu erhalten. Wie viele neue Bäume ersetzen eine alte Eiche? Eine alte Linde? Eine alte Platane? In meinen Augen kann man das nicht gegeneinander aufrechnen. Jede Generation hat die Verpflichtung die vorhandenen Bäume zu pflegen und zu erhalten und gleichzeitig neue Bäume für nächste Generationen zu pflanzen.
Der Herbst ist Pflanzzeit
Jetzt im Herbst könnten viele Schattenbäume gepflanzt werden. Gepflanzt an Standorten, wo ihr Schatten dringend benötigt wird – in den Städten und Gemeinden, auf Plätzen, entlang von Straßen, in neuen Grünflächen und Parks, in Innenhöfen, auf Dachterrassen. An innerstädtischen Standorten ist es gleichzeitig besonders wichtig einem neuen Baumstandort besonderes gründlich vorzubereiten, denn eine Baumpflanzung nützt nur dann etwas, wenn der Baum auch eine Chance hat zu gedeihen. Die Bedingungen für die Bäume, deren Schatten und Abkühlung wir dringend brauchen, sind gleichzeitig noch schwieriger geworden, wie sie wichtiger für das Klima im Siedlungsbereich geworden sind. Deshalb müssen Baumstandorte gründlich vorbereitet, die richtigen Baumarten ausgewählt werden.
Welche Baumarten sind zukunftsfähig in der Stadt?
Wir setzen unsere Hoffnung auf Baumarten, die viel Trockenheit und Hitze aushalten. Das kann zum Beispiel die Gleditschie sein in einer dornlosen Form, Gleditsia triacanthos ‚Inermis‘, die Hopfenbuche, Ostrya carpinifolia, die weiße Maulbeere, Morus alba, die Elsbeere, Sorbus torminalis, die ungarische Eiche, Quercus frainetto, die Blumenesche, Fraxinus ornus, der Zürgelbaum, Celtis australis. Auch der Speierling, Sorbus domestica verträgt viel Wärme.
Passende Baumarten für alle Standorte
Für nahezu alle Standorte können passende Baumarten gefunden werden, auch wenn dies schwieriger geworden ist und die Auswahl mit noch mehr Sorgfalt stattfinden muss. Hauptsächlich unter der Oberfläche, im Wurzelbereich, ist der Ort, wo sich entscheidet, ob ein Baum eine Stressperiode, wie diesen Sommer überstehen kann. Daher fängt das Gedeihen der Bäume schon in der Stadtplanung an, wo oberirdisch und unterirdisch, genügend Platz für Schattenbäume vorgesehen werden muss. Denn ein Baum kann eben nicht gerade mal umziehen, weil all die Leitungen und Rohre unter den Gehwegen und Straßen, es ihm unmöglich machen, irgendwo in seinem Wurzelbereich Wasser und Nährstoffe zu finden.
So kann es sein
Ein Baumhain in der Stadt – das ist für mich ein starkes Bild. Ich sehe da ein mehr oder weniger gleichmäßiges Raster aus der gleichen oder verschiedenen Laubbaumarten, deren Kronen erst in vier bis fünf Meter Höhe beginnen, nicht niedriger. Und die ein lichtes, aber ineinandergreifendes Laubdach bilden. Darunter kann es das ganze Jahr Marktgeschehen geben, oder Bestuhlung für Bistros und Cafés. Städtisches Leben findet ungehindert darunter statt – im Sommer im kühlen Schatten. Im Winter, wenn die Blätter gefallen sind, ist der Platz hell und lässt die Wintersonne durch.
Text und Fotos: Christina Dorsch