Einsamkeit ist unangenehm

Einsamkeit ist ein unangenehmes Gefühl, vor dem niemand gefeit ist. Es kann einen plötzlich treffen und genauso gut auch wieder verschwinden. Nahezu jeder Mensch hat sich mindestens schon einmal in seinem Leben einsam gefühlt. Besonders junge Menschen kennen das Gefühl, aber auch ältere Menschen wissen um die einsamen Momente, die weh tun. Bei etwa zwei Prozent der Deutschen hat sich Einsamkeit als Dauerzustand etabliert. Diese Zahl ist lediglich eine Schätzung, da Einsamkeit nicht mit einem eindeutigen Etikett wie Schnupfen, Mumps oder Masern beklebt werden kann.

Einsamkeit und Alleinsein unterscheiden sich, können jedoch ineinander überfließen. Nicht jeder der alleine ist, ist einsam und umgekehrt. So gibt es den typischen Einsiedler, der glücklich mit sich und seiner selbstgewählten Situation ist, und es gibt den Ausgehtypen, der scheinbar auf der Flucht vor leeren Räumen ist und sich wahllos mit Menschen umgibt, ohne je das Gefühl der Einsamkeit loszuwerden. Zwischen diesen beiden Extremen sind viele Schattierungen des Handelns möglich.

Hinzu kommt die Differenzierung von sozialer Einsamkeit, die einen Mangel an sozialer Einbindung umfasst, und emotionaler Einsamkeit, die das Fehlen von festen Vertrauenspersonen anzeigt. Besonders ältere Menschen, die zusätzlich aus gesundheitlichen Gründen kaum noch am sozialen Leben teilnehmen können, vereinsamen durch fehlende soziale Kontakte. Die emotionale Einsamkeit kann ebenso in Partnerschaften eintreten – in unglücklichen Ehen oder Verbindungen – oder durch einschneidende Lebensveränderungen, wie Einschulung, Umzug, Jobwechsel, Renteneintritt, Scheidung oder Verlust eines Partners. Besonders dann, wenn die Veränderungen erzwungen sind, gehen sie häufig mit dem unangenehmen Gefühl der Einsamkeit einher und wirken nicht gerade wie eine Befreiung.

Einsamkeit ist ein Warnsignal, das dazu auffordern soll, die Initiative zu ergreifen und an seinen sozialen Kontakten zu arbeiten. Es kann uns dazu bewegen, die Komfortzone zu verlassen, aktiv zu werden, aber auch dazu auffordern, seinem Umfeld und der eigenen Persönlichkeit einen kritischen Blick zu gönnen. Ist man selbst in der Lage, auf andere zuzugehen, sich selbst einmal hinten anzustellen, ein Teamplayer zu sein und sich einer Gruppe anzupassen? Ist man eine Bereicherung, trägt man zum Wohlfühlen oder dem Erfolg der Gruppe bei? Wer nur auf sich selbst schaut, hat es schwer, einen Neuanfang zu starten. Und doch wäre es zu einfach, den Grund für Einsamkeit nur dem Einsamen zuzuschieben. Auch der Wandel der Gesellschaft begünstigt die Förderung des Einzelkämpfers. Besonders in Zeiten der steten Selbstoffenbarung in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram lernt das Individuum, die Stille und das Verbergen von Sensiblem zum Eigenschutz. Wer sich nicht öffnet, auch weil es gefährlich ist oder sein kann, wird schwerlich in eine vertrauensvolle Freundschaft hineinwachsen können.

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