Einsamkeit macht krank

Der Mensch als soziales Wesen ist auf den Kontakt zu anderen angewiesen, um sich wohl zu fühlen. Empfindet er sich als isoliert, leidet sowohl die seelische als auch die körperliche Gesundheit. Einsamkeit erhöht daher sowohl die Krankheitshäufigkeit (Morbidität) als auch die Sterblichkeit (Mortalität.

Einsamkeit stellt generell ein Gesundheitsrisiko dar. Einsame Menschen schlafen wesentlich schlechter als Menschen, die sich sozial eingebunden fühlen. Allerdings verschlechtert Einsamkeit nicht nur die Schlafqualität, doch diese alleine hat schon Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit.

Welche gesundheitlichen Folgen Einsamkeit hat und wie diese zu erklären sind, fassten Forscher um Dr. John T. Cacioppo aus Chicago 2010 in den Annals of Behavioural Medicine zusammen. Darin stellten sie zunächst fest, dass Einsamkeit ein weitverbreitetes Gefühl ist: Vier von fünf jungen Menschen unter 18 Jahren und 40 Prozent der Menschen über 65 Jahren fühlen sich zumindest manchmal allein. Die Häufigkeit nimmt während des mittleren Lebensabschnitts gradweise ab und steigt im höheren Alter wieder an. 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung gelten als chronisch einsam.

Gefühlte Isolation

Einsamkeit ist dabei nicht gleichzusetzen mit sozialer Isolation. Sie ist vielmehr definiert als das Gefühl, sozial isoliert zu sein. Cacioppo und Kollegen beschreiben Einsamkeit als das soziale Äquivalent zu physischem Schmerz, Hunger und Durst. Wie diese Empfindungen löst auch das Gefühl des Alleinseins beim Betroffenen Handlungen aus, die darauf ausgerichtet sind, den unangenehmen Zustand zu beenden. So berichten Krankenhausärzte und Pfleger von Menschen, die alles daran setzen, nicht vor Weihnachten entlassen zu werden. Sie fürchten die Einsamkeit an den Feiertagen.

Sich allein zu fühlen, erhöht das Stresslevel und somit auch das Risiko für stressbedingte Erkrankungen. In einer früheren Untersuchung konnten Cacioppo und Kollegen zeigen, dass Menschen, die sich beim Zubettgehen einsam fühlten, am nächsten Morgen erhöhte Cortisolspiegel hatten. Einsame schlafen zwar nicht kürzer als Menschen, die sich nicht einsam fühlen. Sie werden aber nachts häufiger wach und erholen sich daher im Schlaf schlechter. Womöglich ist das auch ein Grund dafür, dass Einsamkeit den Blutdruck steigen lässt und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht.

Es ist naheliegend, dass sich Einsamkeit auch auf die seelische und geistige Gesundheit negativ auswirkt. Bemerkenswert ist jedoch die Fülle der emotionalen und kognitiven Prozesse, die offenbar ihrem Einfluss unterliegen. So wurde Einsamkeit laut Cacioppo nicht nur mit einem erhöhten Suizidrisiko in Verbindung gebracht, sondern auch mit Persönlichkeitsstörungen und Psychosen sowie nachlassender Kognition und Alzheimer-Demenz.

All dies erklärt, warum Einsame ein höheres Sterberisiko haben als Menschen, die sich sozial eingebunden fühlen. In einer Studie von Forschern um Julianne Holt-Lunstad von der US-amerikanischen Brigham Young University 2010 zeigte sich, dass Einsamkeit in Bezug auf die Gesamtmortalität in etwa so schädlich ist wie Rauchen oder Fettsucht. Der Einfluss der Einsamkeit ist also demjenigen von anerkannten Risikofaktoren durchaus vergleichbar.

 Die empfundene Isolation zu durchbrechen und einsame Menschen verstärkt sozial einzubinden, verbessert also ihre Gesundheit. Abgesehen von diesem individuellen Nutzen hat die Integration Einsamer aber auch einen Mehrwert für die Gesellschaft als Ganzes. Es nützt allen, wenn sich weniger Einzelne allein fühlen. Denn das Gefühl allein zu sein, kann sich von einer Person auf andere übertragen. Man kann sich also mit Einsamkeit anstecken wie mit einer Erkältung.

Wissenschaftler analysierten die Daten von mehr als 5.000 Teilnehmern der Framingham-Herzstudie, einer der wichtigsten epidemiologischen Studien in den USA. Sie stellten eine Beziehung her zwischen der Anzahl enger Freunde, die ein Teilnehmer benannte, und der Häufigkeit von Einsamkeitsepisoden des Betreffenden.

Dabei stellten sie fest, dass einsame Menschen ihre Bezugspersonen mit ihrer Einsamkeit ansteckten, sodass auch diese zunehmend ihre eigenen Sozialkontakte verloren. Um die Weiterverbreitung von Einsamkeit zu verhindern, müssten demnach vor allem Anstrengungen unternommen werden, um Menschen am Rand der Gesellschaft besser zu integrieren, folgerten die Psychologen.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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