Neustadts neuer Oberbürgermeister

Parallel zur Bundestagswahl im September wurde in Neustadt an der Weinstraße ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Der amtierende Oberbürgermeister Hans Georg Löffler geht zum Jahresende nach 16 Jahren im Amt in den Ruhestand. Mit überwältigender Mehrheit von 58 Prozent der Wählerstimmen setzte sich Marc Weigel (FWG) deutlich gegen die beiden Kandidaten von CDU und SPD  durch. Der 39-jährige Marc Weigel ist gebürtiger Neustadter und arbeitet noch bis Ende des Jahres als Lehrer am Neustadter Leibniz-Gymnasium. Weigel ist kein Neuling in der Politik. Bereits als Schüler war er politisch tätig. Seit 1994 gehört er den Freien Wählern in Neustadt an, für die er 1999 als jüngstes Mitglied in den Stadtrat gewählt wurde. Er prägte die politische Landschaft mit seinen Ideen, seinen Argumenten und seiner Arbeit. Von 2009 bis 2013 war Weigel als ehrenamtlicher Beigeordneter im Kulturdezernat tätig und setzte deutliche Akzente.

Am 1. Januar 2018 tritt er nun das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Neustadt an der Weinstraße an.

Chili: Rund 27 Monate vor der Wahl haben Sie und die FWG Ihre Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters offiziell verkündet. Das war ein langer Wahlkampf. Jetzt haben Sie Ihr Ziel erreicht. Wie fühlt sich das an?

Weigel: Kurz nach der Wahl stellte sich neben der großen Freude über dieses Ergebnis kurzzeitig auch ein Gefühl der Leere ein. Der Wahlkampf war tatsächlich sehr lang und auch sehr intensiv geführt worden. Das Projekt Wahlkampf wurde plötzlich auf null gebremst. Dies und das Ergebnis musste sich erst einmal setzen. Ich habe mir eine Auszeit in Form eines Urlaubs genommen und das war auch gut so. In dieser Zeit hatte ich Gelegenheit zu sortieren und konnte nun schon mit den ersten Vorbereitungen zur reibungslosen Übernahme des Amtes beginnen. Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe.

Chili: Das Ergebnis der Wahl war beeindruckend. Aber üben 58 Prozent nicht auch Druck aus?

Weigel: Das Ergebnis fordert heraus und das nehme ich sehr ernst, denn dahinter steckt sicher auch eine hohe Erwartungshaltung. In dem Ergebnis spiegelt sich die Klarheit des Wählerauftrags wider, was mir auch den Rücken stärkt.

Chili: Wie bereiten Sie sich vor? Wie werden die ersten 100 Tage ablaufen, abgesehen von den Dingen, die ganz unvorhersehbar auf Sie zurollen werden?

Weigel:  Gespräche führen, zuhören, Zeit nehmen. Noch gar nicht viele Entscheidungen treffen. Zunächst werde ich mich den Mitarbeitern in der Verwaltung vorstellen. Das gehört sich einfach so. Es kann nicht sein, dass mich die Mitarbeiter nur von Ferne oder aus der Zeitung kennen. Ich werde mich mit Fachabteilungen zusammensetzen, um Zusammenhänge, Details und Probleme genauer und intensiver erfassen zu können. Zusätzlich werde ich mit allen Kommunalpolitikern Gespräche führen. Schließlich wollen wir Dinge gemeinsam bewegen. Ich alleine werde nicht alle Probleme auf einmal lösen können. Dazu benötige ich die Hilfe, die Expertisen, die Mitarbeit, die Ideen und die Tatkraft aller.  

Chili: Die Amtszeit eines Oberbürgermeisters umfasst acht Jahre. Haben Sie diesen Zeitrahmen in Abschnitte eingeteilt, in denen Projekte angestoßen und Probleme angefasst werden sollen?

Weigel: Erst muss ich das gesamte Bild sehen. Natürlich habe ich Pläne und Projekte, die ich auch im Wahlkampf angesprochen habe, wie zum Beispiel die Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft. Dabei handelt es sich um einen längeren Prozess, den wir auch anstoßen werden. Es gilt jedoch rechtliche Fragen, Förderungsmöglichkeiten und vieles mehr zu klären. Auch das Projekt Sauberkeit in der Stadt, welches vielen Neustadtern am Herzen liegt, wird sich als längerer Prozess erweisen. Denn es nützt nichts, einmal sauber zu machen und das war´s. Ich strebe eine nachhaltige Lösung an, was sicherlich eine Strukturänderung bedeutet. Und da sind wir wieder am Anfang. Dazu muss ich Gespräche führen, zuhören und mir ein Gesamtbild machen. Für die Bürger ist es wichtig, dass ich an die Problemfelder herangehe. Das bedeutet aber nicht, dass ich an allen Ecken und Enden gleichzeitig Veränderungen los trete und Baustellen aufmache. Wir benötigen für die angestrebten Lösungen Konsens in der Bevölkerung und in der Kommunalpolitik. Dafür ist mehr Kommunikation notwendig. Ich werde viele Angebote zur Mitarbeit eröffnen.

Chili: Gibt es ein Leuchtturmprojekt für Neustadt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Weigel: Ja, das ist die übernächste Landesgartenschau, die ich gerne in Neustadt sehen würde. Darin liegt einiges an Entwicklungspotenzial für unsere Stadt und insbesondere für Böbig und Branchweiler. Zudem sollen viele kleinere Projekte für sich leuchten.

Chili: Sind Gespräche und eine Zusammenarbeit mit den Städten und Landkreisen aus der Region angedacht?

Weigel: Ja, unbedingt. Nach der Wahl haben mir alle Oberbürgermeister und Landräte gratuliert und Gespräche, gute Zusammenarbeit und auch Hilfe angeboten. Darauf werde ich natürlich und auch gerne zurückkommen. Wir haben in der Region alle die gleichen Interessen, beispielsweise Stichwort Finanzen. Da und in vielen Arbeitsfeldern muss man das Rad nicht neu erfinden. Eine Vernetzung und ein voneinander Lernen ist wichtig.

Chili: In Neustadt wird immer wieder gesagt, dass Neustadt hinter Landau und Speyer zurückgefallen ist.

Weigel: Das muss man etwas genauer betrachten. Es gibt Bereiche, in denen es durchaus stimmt. Dabei handelt es sich auch nicht um gefühlte Wahrheiten, sondern durch Zahlen belegbare Fakten. Landau hat offensichtlich in Sachen Wirtschaftsentwicklung vieles besser gemacht als wir. Wir müssen ein Klima schaffen, das es für Unternehmen attraktiver macht, hier zu investieren. Kundenfreundlichkeit, Bürgernähe, Sauberkeit, um nur ein wenige Stichworte zu nennen. Das ist auch ein psychologischer Faktor. Wir sollten mit meinem Start als Oberbürgermeister die Chance nutzen, auch in der Ökonomie eine Aufbruchstimmung zu erreichen.

Aber es gibt auch Bereiche, in denen wir anderen voraus sind, wie der soziale Wohnungsbau, der in Neustadt schon viel früher begonnen wurde als in Landau. In Neustadt ist in der Vergangenheit auch nicht alles schlecht gelaufen.

Chili: Sie verlassen zum Jahresende die Schule und damit auch die Schüler. Wie geht es Ihnen damit?

Weigel: Ich bin sehr gerne Lehrer, habe sehr gerne mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet und es bewegt mich, diesen Beruf wahrscheinlich für immer aufzugeben, denn beurlaubt werde ich ja nicht. Der Übergang für die Schüler zu meinen Kollegen ist bestens vorbereitet, auch für meine Abiturienten. Im Dezember hat die Schule eine Abschiedsfeier geplant. Trotz aller Wehmut freue ich mich natürlich sehr auf die neue Aufgabe. Dieses Amt verlangt viel, aber es ist auch eine Ehre, es ausfüllen zu dürfen. Es bringt für mich große Veränderungen mit sich, das berufliche Wirken hat deutlich mehr Einfluss und Bedeutung für weit mehr Menschen.  Mein Ziel ist es, darin so gute Arbeit zu leisten, dass ich dem in mich gesetzten Vertrauen gerecht werde.