Kraft der Wiederholung

Die Hitze kroch unaufhörlich in den Tag und wurde dick, rund und klebrig. Alle – und es waren nur wenige, die sich trauten - bewegten sich mit einer schleppenden Richtungslosigkeit in einer gleißend weiß-gelben Sonne. Gegen Mittag verstummte selbst das nervtötende Summen der Fliegen. Nur langsam wälzte sich die Zeit voran, die ebenfalls schwitzend zu ermüden schien. Kein Lüftchen, kein Wölkchen und keine erfrischende Brise wollte auch nur eine gedachte Abkühlung mit sich bringen. Nichts geschah in der Unerträglichkeit. 

Unendliche Augenblicke reihten sich in einer schieren Vielzahl aneinander, bis Lichtjahre später der Abend nahte. Noch immer heiß eignete sich diese Luft wieder zum Atem holen. Die Geräusche nahmen langsam zu. Ein Hund fand die Kraft zu bellen, sein Herrchen schlich hinter ihm her. Die Zeit nahm an Tempo zu und mit der Zeit kam die Kühle in relativem Ausmaß. Der urbane Grünstreifen, der von einem kleinen Wasserlauf durchzogen wurde, atmete die Tageshitze weg und blies Mensch und Tier Frische in ihre Gesichter. 

Das gleißende Gelb formte sich zu einem blauen Gold. Die Bänke füllten sich. Die Wiesen nahmen Füße auf. In den Händen sah man Körbe, Decken, Gläser und Flaschen, Teller und Dosen. Lachen ertönte. Musik zog durch das Grün der Bäume und Büsche. Bewegung und Leben erhoben sich in der Wärme der Nacht. Und alle Gedanken, die während des Tages trocken und staubig verwahrt worden waren, fanden nun ihre Sprache wieder und plätscherten wohlgelaunt von einem Mund zu einem Ohr, trafen dort auf Freunde, vermehrten sich und wanderten zum nächsten Ohr. 

Es dauerte lange, bis alle Bewegungen getan, alle Gedanken gesagt, alle Worte gehört und alle Noten gespielt worden waren. Die Sonne war schon längst nicht mehr, die Sterne wanderten und die Nacht nahm zu. Langsam wurde das Band der Geräusche dünn und durchscheinend. Es erhob sich wie ein feines Tuch vom Winde angehoben über die Köpfe der abnehmenden Menge, bis es ganz verwehte. Stille geschah. Eine feine, gesättigte Ruhe, die Frieden versprach. Sie währte nicht lange. 

In dem Augenblick, als die Dunkelheit an den Kanten leichte Risse zeigte, wagte eine Amsel ein schüchternes Lied. Erst allein. Dann eine Symphonie des Optimismus. Von neuem. Auch wenn die Hitze wieder begann, in den Tag zu kriechen, waren es die schönsten Augenblicke mit der Kraft der stetigen Wiederholung und der Chance zum Neubeginn. 

Magazin