Das wird was geben!

Es war der Tag vor Weihnachten. Dieser Tag ähnelte eher einem Großkampftag als einem beschaulichen Adventvorabendweihnachtstag. Von Entspannung keine Spur. „Aber morgen, Kinder, das wird was geben, wenn wir heute nicht Gas geben!“, murmelte Anna und schaute sich ein wenig verzweifelt in der Küche um. Es war noch einiges vorzubereiten, zu kochen und auch noch in den Backofen zu schieben. Außerdem mussten die Gästezimmer noch hergerichtet und die Bäder gewischt werden. Denn für morgen hatte sich Weihnachtsbesuch angekündigt. Die Kinder jubelten natürlich jetzt schon, dass so viel Leben im Haus sein würde. Und es war nur noch ein Tag. Einmal werden wir noch wach, dann standen die Gäste und der Heiligen Abend gemeinsam vor der Tür.

Glücklicherweise hatte sie schon vor einiger Zeit dekoriert und auch der Weihnachtsbaum war bereits fertig geschmückt und in voller Pracht. Die Kerzenhalter waren neu bestückt und Ersatz bereit gelegt. Auf den Einfall mit der indirekten Beleuchtung durch die vielen schönen Lichterketten mit kleinen Birnchen war sie besonders stolz. Es sah toll aus. Anna hatte heute Morgen frische Blumen besorgt und das Wohnzimmer und den Flur fast schon fertig hergerichtet. Dann würde die gute Stube glänzen vor lauter Lichter, Kerzen und Schmuck. Und damit alles glänzen konnte, würde sie sicherheitshalber noch einmal akribisch mit dem Wischlappen durch. Ihr graute schon davor, dass ihr Schwager nach einigen Gläsern Wein sicher wieder tanzen und zu diesem Zwecke das Wohnzimmer umräumen wollte. Sie hatte ihren Mann schon vorgewarnt, dass sie das dieses Jahr nicht mitmachen würde. Denn schließlich sah das Wohnzimmer so, wie sie es hergerichtet hatte, schöner und weihnachtlicher aus als jeder Tanzsaal mit hochherrschaftlichem Kronleuchter. 

Aber sie beruhigte sich, denn sie erinnerte sich auch daran, wie viel Spaß die Kinder im letzten Jahr hatten. Alle hatten sich darauf geeinigt, dass es Spielzeug geben sollte, dass nicht mit einem Stecker ausgestattet war. Sie hatten noch ein Räderpferdchen gefunden, dass der kleine Tom hinter sich herziehen konnte. Für Mala war die Schäferin, die nun auf dem Bauernhof aus Holz ihren Dienst tat und zusammen mit den kleinen Tieren heftig bespielt wurde. Jette war immer noch glücklich mit ihrer Puppenküche, die tatsächlich funktionierte, was zur Folge hatte, dass Jette nun immer mit ihr gemeinsam kochen wollte. Und Hein wurde von dem Regal über seinem Bett aus von dem bunten Harlekin nachts bewacht, der mit seiner gelben Violine alle bösen Träume einfach in die Flucht spielte.

Anna atmete durch. Genau dafür machte sie es. Und alle anderen auch. Für die Kinder, die sich darauf freuten, dass alle zusammen kamen und Spaß hatten. Für die Liebe und Freude. Genau dafür bereiteten sie alles vor und machten sich Gedanken. Auch ihre Gäste, das wusste sie genau, hatten sich viele Gedanken gemacht und kamen gut vorbereitet, mit wirklich guter Laune und dem Willen, Weihnachten zu einem schönen Fest zu machen.

Und dieser Wille und die Zuneigung zueinander würden wieder im Vordergrund stehen. Denn nur damit ergab Weihnachten - und der gesamte Stress im Vorfeld - wirklich einen Sinn.

Morgen Kinder wird's was geben
Morgen, Kinder, wirds was geben,
morgen werden wir uns freun!
Welch ein Jubel, welch ein Leben
wird in unsrem Hause sein!
Einmal werden wir noch wach,
heißa, dann ist Weihnachtstag!

Wie wird dann die Stube glänzen
von der großen Lichterzahl!
Schöner als bei frohen Tänzen
ein geputzter Kronensaal.
Wisst ihr noch wie vor`ges Jahr
es am Heil`gen Abend war?

Wisst ihr noch mein Räderpferdchen,
Malchens nette Schäferin,
Jettchens Küche mit den Herden
und dem blankgeputzten Zinn?
Heinrichs bunten Harlekin
mit der gelben Violin?

Welch ein schöner Tag ist morgen!
Viele Freunde hoffen wir!
Uns`re lieben Eltern sorgen
lange, lange schon dafür.
O gewiss, wer sie nicht ehrt,
ist der ganzen Lust nicht wert!