Wirtschaft vor Ort für den Ort

In jedem Fall überaus pfälzisch - genauer gesagt rheinland-pfälzisch - ist das Land auf Land ab weit verbreitete ehrenamtliche Engagement der Rheinland-Pfälzer. Circa 1,5 Millionen Menschen investieren hierzulande einen großen Teil ihrer Freizeit in verschiedenen ehrenamtlichen Betätigungsfeldern. So verwundert es kaum, dass Rheinland-Pfalz mit 41 Prozent seiner Einwohner die höchste Engagement-Quote im Vergleich aller Bundesländer vorzuweisen hat.Viele der Hilfsbereiten organisieren sich in Vereinen, um dem eigenen Antrieb eine Satzung, eine Art Leitfaden, der für alle Mitglieder verbindliche Schwerpunkte der Vereinsarbeit enthält, zu geben. Die Wahl der Vereinsform richtet sich stets nach der späteren Hauptarbeit des Vereins. Ein Verein, der in erster Linie nichtwirtschaftlichte Ziele verfolgen möchte, gründet sich daher meist als Idealverein, einem Verein, der wie der Name bereits verrät, in erster Linie keine monetären, sondern vielmehr ideelle Zwecke verfolgt. Dennoch, so tickt die Welt nun mal, müssen auch Vereine, die in ihrer Arbeit über das Jahr hinweg grundsätzlich mit wenig Geld auskommen, von Zeit zu Zeit neues Kapital erwirtschaften. Mitgliedsbeiträge und Spenden reichen selten aus, um alle Verbindlichkeiten zu decken und um gleichzeitig alle Vereinszwecke zu erfüllen. Neigt sich der Kassenstand dem Ende zu, dann können Idealvereine als wirtschaftlicher Zweckbetrieb Geld erwirtschaften. Die Mittel, die der Verein durch diesen Geschäftsbetrieb erwirtschaftet, müssen größtenteils und zweckgebunden für den satzungsseitig festgelegten gemeinnützigen Zweck verwandt werden. Außerdem kennt das Wirtschaften Grenzen und wird regelmäßig von Behörden kontrolliert. Bei Zuwiderhandlungen drohen Folgen, die den Weiterbestand des Vereins gefährden können.Mittel, die von einem

Idealverein vor Ort, beispielsweise während eines Ausschankes auf einem Weinfest erwirtschaftet werden, fließen in verschiedenster Form wieder
in den Ort und in die Region zurück – ganz unmittelbar und mannigfaltig. Damit liegt ein Investitionsplan vor, der vor Ort seine Umsetzung findet und der lokalen Gemeinschaft insgesamt nützt. Die Investitionen der Vereine im Einzelnen, die zumeist ohne große Öffentlichkeit realisiert werden, halten indes viele Bereiche unserer Gesellschaft am Leben, die ohne ehrenamtliche Unterstützung nicht dauerhaft zu finanzieren wären (Kultur, Sport, Natur- und Umweltschutz, Landschaftspflege und viele mehr). Wer also auf dem nächsten Fest ein Glas Wein trinkt, der unterstützt womöglich nicht nur den lokalen Weinproduzenten. Vielmehr hat der Genuss des Weins möglicherweise dazu beigetragen, dass übermorgen ein neuer Baum gepflanzt wird, oder dass der ortsansässige Sportverein neue Fußbälle bekommt. Viel sichtbarer und unmittelbarer, aber vor allem viel befriedigender kann eine Weitergabe von Kaufkraft kaum sein. Und wer ehrenamtlich Engagierte kennt oder sich bereits selbst engagiert, der weiß, dass die Arbeit äußerst zufriedenstellt, denn nur noch selten sieht man die direkten (positiven) Auswirkungen des eigenen Handelns so gut wie in der Vereinsarbeit vor Ort. Dabei wird von allen ehrenamtlichen Helfern in erster Linie fast ausschließlich mit einer Währung bezahlt, die auf der ganzen Welt immer knapper zu werden scheint und auch nicht in Euro darstellbar ist, nämlich ihrer Freizeit. Es wäre schade, wenn man dieses Opfer, das die Helfer bereitwillig erbringen, irgendwann nicht mehr zu würdigen wüsste. Man stelle sich eine Zukunft vor, in der die Zahl der für einen ideellen Zweck wirtschaftenden Vereine und der darin Engagierten zurückginge. Wer sollte dieses Vakuum, das sich immerhin durch nahezu jeden Bereich unserer Gesellschaft zöge, füllen?

Jens Wacker