Stil kennt keine Zeit

Wer gerne und mit Neugier reist und sich ab und an in anderen Städten und vielleicht auch im Ausland aufhält, konnte sicherlich schon beobachten, dass es einen allgemeingültigen Stil für alle gleichermaßen nicht gibt. Weder in der Mode, in der Einrichtung, in der Architektur, der Musik oder in der Gastronomie erlebt man einen totalen Gleichschritt. Hin und wieder entdeckt man diesen Einheitsbrei, der an anderer Stelle gerne als kosmopolitisch bezeichnet wird, in Wahrheit aber einer Vereinfachung und Reduzierung auf ein gefälliges und als gut benanntes Muster gleicht. Viel interessanter ist der Mix an Unterschieden. Und nicht ohne Grund heißt es, dass die wahre Schönheit in den Fehlern und in der Vielfalt liegt. Im regional- oder landestypischen Charakter spiegeln sich Kultur, Geschichte, Gesellschaft, nicht zuletzt auch die klimatischen Verhältnisse, die Lebenseinstellung der dort ansässigen Gesellschaft und deren eigene Wahrnehmung ihrer Zukunftsperspektive wider. Darüber hinaus beeinflussen natürlich auch der persönliche Geschmack, die Lebenssituation, das Alter und die individuelle Einschätzung der eigenen Persönlichkeit das individuelle Erscheinungsbild, den Auftritt und die jeweilige Umgebung.

Stil ist nicht in Stein gemeißelt und kann sich im Laufe der Zeit durchaus ändern. Vielleicht sollte er es auch. Eine generelle Weiterentwicklung ist sehr wohl erwünscht und die Dinge, die uns umgeben, formen kein Denkkorsett – oder sollten es nicht. Doch Stil im eigentlichen Sinne bedeutet nicht Farbe und Muster, sondern wird viel mehr von Philosophie und Reflektion geprägt. Wenn wir uns in unserer Umgebung bestätigt sehen, dann kommt es selten zu enormen Brüchen im eigenen Stil. Doch wenn es eben solche gibt, dann weisen sie zumeist auf konkrete Veränderungen persönlicher Natur hin. Neubeginne, Trennungen, Krankheiten, Geburten oder auch ein Ortswechsel können dazu führen, dass ein neuer Stil ge- oder versucht, ein Feintuning oder gar eine Kehrtwende eingeleitet werden. Bleibt die Veränderung dauerhaft, dann war sie eventuell – falls sie nicht auf einer Selbsttäuschung beruht - notwendig und vielleicht sogar die Realisierung eines langgehegten Wunsches oder Zieles. War sie lediglich eine, vielleicht sogar trotzige, Reaktion auf ein Ereignis, muss sie letztlich nicht für immer uns bestimmen. Manchmal findet man zu sich zurück und sieht sich bestätigt.

Unabhängig von dem Urteil anderer, losgelöst von Gruppenzwang, Modediktat und vermeintlichen Meinungshoheiten sollte der eigene Stil in Klarheit, Chaos, Simplifizierung oder Komplexität, in märchenhafter Feenhaftigkeit oder burschikosem Kumpeltum, in vergeistigter Kultur oder Sportfanatismus – oder einfach in der Mischung der tagesaktuellen Form – dem Ich Raum geben und Ausdruck verleihen.

Wahrer Stil kennt keine Zeit, keine Epoche, keine Vorgaben, sondern nur die Einheit mit der Persönlichkeit.

In der besten aller Welten.

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