Mehr Naturschutz zum richtigen Zeitpunkt

Die letzte große Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), die am 1. März 2010 in Kraft trat, brachte ein Bündel neuer naturschutzrechtlicher Vorgaben mit sich. Ein Bestandteil jenes Bündels ist der neue Paragraf 39 BNatSchG, der bundeseinheitliche Vorgaben zum allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen zum Inhalt hat. Bereits sehr früh erkannten die Unteren Naturschutzbehörden, sozusagen die Wächter des Naturschutzes auf kommunaler Ebene, dass die Neuerungen des BNatSchG wohl nicht bei jedem betroffenen Hobby- und Freizeitgärtner angekommen sein dürften. Mit dem Start der Vegetationsperiode im Jahr 2010 informierten sie deshalb bereits umfassend über die Rechte und Pflichten der Gartenfreunde im Bereich der Baum- und Gehölzpflege. Jene Informationen werden seither regelmäßig im Frühjahr, zum Start der Vegetationsperiode, und im Herbst, zum Ende der Vegetationsperiode, wiederholt. Die Meldungen gleichen einem Mantra des Naturschutzes, welches wiederkehrend mit der Bitte versehen ist, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten.

Chili möchte an dieser Stelle jenes Mantra nicht schnöde wiederholen, vielmehr soll der Versuch gestartet werden, Gartenfreunden die wichtigsten Aussagen des BNatSchG nahe zu legen. Schutzzeitraum Im Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 30. September eines Jahres ist es grundsätzlich verboten, außerhalb von Wald und gärtnerisch genutzten Grundflächen Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze zu roden, abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen. Ausnahmen und ergänzende Hinweise:

1. Bäume, die sich in Hausgärten oder ganz allgemein auf privaten Grundstücken befinden und die einen bestimmten Stammdurchmesser nicht überschreiten, sind von dem Verbot ausgenommen. Neben dem Stammdurchmesser muss auch darauf geachtet werden, dass der Baum nicht bereits als Brutstätte von Vögeln oder als Lebensraum diverser Fledermausarten genutzt wird. In vielen Kommunen regeln so genannte Baumschutzsatzungen, wie dick eine bestimmte Baumart sein muss, bevor sie unter Schutz gestellt wird. Kommunen, wie beispielsweise Neustadt an der Weinstraße, die nicht über eine allseits verbindliche Satzung verfügen, gehen indes von einer besonderen Schutzbedürftigkeit ab einem Durchmesser ab 60 Zentimetern oder größer aus. Hinweis: Fällungen sollten immer als Ultima Ratio, also als letzte Möglichkeit, im Umgang mit dem privaten Baumbestand verstanden werden. Wer plant, auf dem eigenen Grundstück einen Baum zu fällen, der sollte auf Nummer sicher gehen. Mittels einer gebührenfreien Anzeige der geplanten Fällung bei der lokalen Unteren Naturschutzbehörde werden im Zweifel alle natur- und artenschutzrechtlichen Belange überprüft. Eine Fällung innerhalb des Schutzzeitraumes ist also grundsätzlich möglich, sollte aber vor allem zum Schutze der in Bäumen brütenden Vogelarten und den darin lebenden Fledermausarten unterbleiben.

2. Schonende Form- und Pflegeschnitte, die die Beseitigung des Zuwachses von Pflanzen zum Ziel haben, oder die zur Gesunderhaltung von Bäumen nötig werden, dürfen auch während des Schutzzeitraumes durchgeführt werden. Von dem Schutzzeitraum komplett ausgenommen sind Flächen des Erwerbsgartenbaus.

3. Beim pfleglichen Pflücken von Blumen, Gräsern, Farnen, Früchten, Pilzen in kleinen Mengen auf öffentlichen Flächen gilt die so genannte Handstraußregelung. Sie besagt, dass genannte Pflanzen nur mit größtmöglicher Rücksicht auf die Art und die umgebende Fauna und Flora entnommen werden dürfen. Gleichzeitig darf man beispielsweise die Früchte und Blumen nur dann pflücken, wenn die Flächen, auf denen diese wachsen, für jeden frei betretbar sind. Das Fällen von Bäumen im Außenbereich, also im Bereich von Ortsrändern, der Flur oder dem Wald ist generell genehmigungspflichtig. Zugleich müssen Fällungen in diesem Bereich nach den Vorgaben der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ausgeglichen werden. Unter Ausgleich versteht man in diesem Fall die Kompensation, also den Ersatz des Vegetationsverlustes mittels Neupflanzung. Von dem Fällverbot sowohl im Innen- als auch im Außenbereich generell befreit sind behördlich angeordnete Maßnahmen und Maßnahmen im öffentlichen Interesse, wenn diese weder zeitlich verschiebbar sind, noch auf eine andere Art und Weise durchgeführt werden können. Hierzu gehören zum Beispiel Fällungen im Rahmen von kommunalen Maßnahmen der Verkehrssicherung.

Jens Wacker