Deutschland im Stau!

Der Verein Die Transportbotschafter hat sich des Themas Baustellen auf deutschen Autobahnen angenommen, um darauf aufmerksam zu machen, unter welchen Problemen die Logistikwirtschaft seit Jahren leidet. Alleine im November gab es deutschlandweit 517 Autobahnbaustellen - 37 mehr als im Vorjahresmonat, informiert der Verein auf Basis der Erhebungen des Automobilclubs ADAC. Die am stärksten beeinträchtigte Autobahn ist derzeit die A7.

Hinzu kommt, dass 5.000 Brücken auf dem Fernstraßennetz dringend sanierungsbedürftig sind. „Das macht allen Verkehrsteilnehmern zu schaffen, besonders aber der Transportbranche, die täglich Termine und Lieferfristen halten muss", sagt Transportbotschafter Jens Thiermann, Vorsitzender des Vereins.

Die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren umliegenden, sanierungsbedürftigen Rheinbrücken und Hochstraßen ist von den daraus resultierenden stark Verkehrsproblemen betroffen. Die täglichen Staus machen sich beim Lieferverkehr, aber ebenso beim täglichen Berufspendlerverkehr bemerkbar. Manche Zulieferer kämpfen mit nachlassenden Auftragseingängen aufgrund der Verkehrsprobleme. Zudem weichen Arbeitnehmer auf andere Jobangebote aus, denn der tägliche Stau und die verlorene Zeit rechnen sich in vielen Berufen einfach nicht.

Alleine im Nadelöhr Hamburg stehen täglich etwa 18.000 Fahrzeuge im Stau. "Eine Stunde hin und zurück kostet unsere Unternehmer pro Fahrzeug zusätzlich 200 Euro", sagt Thomas Rackow Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Logistik Schleswig-Holstein.

Direkt betroffen sind auch die Berufskraftfahrer. Für die meisten Fahrer vergeht inzwischen kein Tag mehr ohne Stau.

Verkehrsexperte Prof. Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen geht davon aus, dass 20 Prozent der Staus in Deutschland durch Baustellen verursacht werden. „Der dadurch entstehende volkswirtschaftliche Schaden beträgt aufs Jahr gerechnet rund 15 Milliarden Euro", konstatiert er. Ein großes Ärgernis stellen ihm zufolge die so genannten Geisterbaustellen dar. „Um keine Vertragsstrafen zu kassieren, richten Bauunternehmen häufig Baustellen ein, gearbeitet wird dort aufgrund von Arbeitskräftemangel aber dann wochenlang nicht", stellt er fest. Staus in Geisterbaustellen sind unnötig und vermeidbar.

Zwar investiert der Bund gerade massiv in die Verkehrsinfrastruktur, zahllose Baustellen sind aber die Folge. Transportunternehmen leiden doppelt. Ist die im Baustellenstau verbrachte Zeit zu lang, müssen Fahrer eine Pause oder Tagesruhezeit einlegen - häufig auf einem der total überfüllten Rastplätze. Laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen derzeit deutschlandweit rund 40.000 Lkw-Stellplätze.

Doch einfach auf die Schiene ausweichen, geht seiner Meinung nach auch nicht. Denn das Gleisnetz ist ebenfalls marode und wird derzeit aufwendig saniert. Die Folge sind auch hier zahlreiche Baustellen mit daraus folgenden Kapazitätsverlusten und Pünktlichkeitsproblemen.

Zu lange sind in Deutschland die Verkehrsprobleme ignoriert worden. Die Zunahme des Verkehrs war ohne große Wissenschaft vorhersehbar und die marode Infrastruktur wurde schlicht in Kauf genommen. Deutschlands Transportwege wurden kaputtgespart. Die Folgen sind vielfältig und gravierend.  

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