Nachtsturm

Die Nacht war stürmisch. Der Wind heulte in den Straßen und rauschte in den kahlen Bäumen. Der volle Mond ritt auf zerrissenen Wolken. Die Nacht war zum Bersten gefüllt. Angst, Unsicherheit, Wut, Veränderung. Aber auch Aufbruch, Neuanfang lagen im Brausen des Sturms. Eine Melange an Widersprüchlichkeiten tobte um das Vorrecht. Was war wahr, was war real? Real war, was gewesen war und ebenso real war bereits, was kommen sollte. Denn es lag im Sturm. Doch die Entscheidung über die endgültige Windrichtung war im Sturm der Nacht noch nicht getroffen. Sie stand bevor. Jetzt.

Es war an der Zeit. Ein Zauber, eine Magie lag in der Dunkelheit, durch die das Mondlicht immer wieder drang.

Eine Frau stand in einer der langen, leeren Straßen. Nicht am Rand. Nicht in der Mitte. Sie hob das Gesicht und ließ den Wind von vorne kommen. Ihr Stand war fest, der Rücken gerade, die Schultern breit. Fast trotzig hatte sie die Hände in die Taschen ihres Mantels gesteckt. Von ihr ging Kraft aus. Entschlossenheit. Ihr Bewusstsein dehnte sich aus und füllte den Straßenzug. Eine ganze Weile stand sie so da. Sie ließ den Sturm geschehen und wich keinen Zentimeter. Sie nahm die Dunkelheit in sich auf, bis sich der Schein des Mondes auf ihrem Gesicht niederließ. Ihr wehendes Haar glänzte, als die Dunkelheit wieder abzog. Sie zog die Hände aus den Taschen und streckte die Finger einzeln, die Handflächen schienen zu glühen. Energie durchströmte. Sie selbst leuchtete auf eine andere Art, als dass man es über das Auge hätte wahrnehmen können.

Das Leuchten war hell und warm. Alles Negative floss ab. Keine Wut, keine Angst und keine Unsicherheit umgaben sie. Sie öffnete die Augen, ihr Blick war offen, weit und klar. Die Vergangenheit lag hinter ihr. Sie machte einen Schritt und betrat die Zukunft. Man hat immer eine Wahl.

Langsam wurde es hell.