Seit einiger Zeit höre ich häufiger Kinderschreien und Weinen als Kinderlachen. Die strenge Mimik der Eltern, die gestresst von allem versuchen, mit harscher Stimme die Kinder auf Linie zu bringen, fällt mir ebenso auf. Oder jene Eltern, die gar nicht mit ihren Kleinen reden, sondern stattdessen mit ihrem Smartphone beschäftigt sind. Alle sind ernst, das Zusammensein unpersönlich, eine scheinbare Zwangsgemeinschaft. Die Kinder schreien. Sie fallen aus der Rolle, die ihnen ihre Eltern, die ebenfalls gefangen in der Erwachsenenwelt sind, zugestehen: Da zu sein, ohne zu stören. Sie sollen bitte funktionieren.
Im Sommer fand zum wiederholten Male an der Neustadter Wallgasse das Event Kunst am Bach statt. Dort wurden in wilder Mischung Bilder und Skulpturen ausgestellt, Chöre sangen, Tanzgruppen und Bands wechselten sich auf der Bühne ab. Es wurde gemalt, getanzt, gesungen – und gelacht. Alle Besucher flanierten hin und her, aßen und tranken an den Ständen, probierten sich vielleicht sogar selbst aus, trafen Bekannte, plauderten, bewunderten die Kunst, fachsimpelten mit den Ausstellern und zogen weiter, um der Musik zu lauschen und sich eventuell im Takt zu wiegen. Mit ihnen waren die Kinder, für die ebenfalls einiges zum Mitmachen geboten war. Auch sie trafen Gleichaltrige, sprangen, tanzten, hörten der Musik zu und plauderten angeregt mit Menschen auf gleicher Höhe.
Sie wunderten sich über die Erwachsenen, die an diesem Tag Spaß an genau den gleichen Sachen wie sie selbst hatten. Jene Erwachsenen waren sogar etwas bunter und lustiger angezogen als sie es sich normalerweise selbst erlaubten. Die Männer und Frauen lachten und träumten sich in etwas hinein, was vielleicht nicht so wichtig, aber dann doch berührend war. Und damit essentiell. Die Phantasie war an diesem Ort allgegenwärtig und waberte unsichtbar um die Köpfe. Kinder mit ihren wunderbar sensiblen Antennen spürten die feinen Strömungen von Sehnsucht, Träumen, Gelassenheit und Möglichkeiten und reagierten auf ihre einzigartige, ungekünstelte Weise.
An diesem Tag hörte ich Kinderlachen. Und auch das Lachen derer, die einst Kind gewesen waren.