Geschichte atmen

In der Pfalz herrscht kein Mangel an idyllischen und romantischen Orten. Mythische Plätze, an denen längst Vergangenes sichtbar wird, sind schon schwerer zu finden. Auf dem fünf Hektar großen Territorium des Hofguts und der Kelteranlage Weilberg aus der Römerzeit in Ungstein bei Bad Dürkheim kann der Besucher in reizvoller Landschaft anschaulich die Geschichte des antiken Weinbaus in Germania Superior (Obergermanien, seit 85 nach Christus) nachempfinden.

Bereits vor 2.000 Jahren unterhielten in der heutigen Vorderpfalz römische Soldaten und Bürger mit ihren Familien und Sklaven zahlreiche Siedlungen. Mauerreste und Säulenteile sowie Bruchstücke von Krügen, Schmuckstücken und Waffen aus der Spätphase der römischen Republik wurden seit den Flurbereinigungen vor rund 30 Jahren immer wieder gefunden. Den Baggern der Flurbereiniger folgten die Archäologen mit ihren filigranen Werkzeugen. Die Ergebnisse dieser Ausgrabungen sind für die Regionalgeschichte bedeutende Freilichtmuseen, wie die Römervillen Rustica (Wachenheim) und Annaberg (Bad Dürkheim) sowie der antike Steinbruch Krimhildenstuhl (Bad Dürkheim).

Am Südhang in den Weinbergen zwischen Ungstein und Kallstadt befindet sich das Hofgut Weilberg, dessen Anfänge auf die Zeit 20 bis 30 nach Christus (bis 85 nach Christus ein Teil der Provinz Gallia Belgica) datiert werden. Es ist von Ungstein aus gut an den drei hellen Säulen erkennbar. Der Besucher, der vom Dorf kommend oben angelangt ist, sieht in Richtung Südwesten auf die Weinberge und den dahinter liegenden bewaldeten Kästenberg. Das Gutshaus wurde mitsamt den Wohnräumen, den Bädern, Umkleidezimmern und Wasserleitungen sowie den Pferdeställen zumindest im Grundriss wieder aufgebaut. Im Osten des ehemaligen Gutsgeländes lagern einige Sarkophage, die oberhalb des Hauptgebäudes gefunden worden sind. Die Größe und Ausstattung der gesamten Anlage deuten auf wohlhabende Besitzer hin, darunter mindestens ein Pferdeliebhaber. Mit den drei Säulen und den Pinien im Vordergrund fühlt sich der Betrachter leicht um rund 1.700 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Die Dämmerung verleiht den Überresten des antiken Hofguts Weilberg mit seiner schönen Aussicht eine ganz besondere Stimmung.

Ein etwas weniger atmosphärisches Panorama bietet die restaurierte Kelteranlage, die südwestlich unterhalb des Landgutes gelegen ist. Sie informiert anschaulich über antike Keltermethoden. Mit bloßen Füßen zertraten Sklaven bis ins vierte nachchristliche Jahrhundert so viele Trauben in den beiden Tretbecken, dass die Lese bis zu 200.000 Liter Wein pro Jahr ergab. Ganz so ergiebig ist der Römische Herbst, der seit 1991 unregelmäßig stattfindet, nicht. Garantiert authentisch ist jedoch die Kleidung, die die Treter der I. Römercohorte Opladen bei ihrer Arbeit tragen: Ein weißer Lendenschurz.
Die lange Tradition des hiesigen Weinanbaus begründete den Mythos der Pfalz als ein bezüglich Klima und Bodenbeschaffenheit für mitteleuropäische Verhältnisse bevorzugtes Fleckchen Erde mit. So manches ihrer werbewirksamen Attribute, wie Toskana Deutschlands oder mediterranes Flair ist also auch ein Verdienst der fleißigen römischen Weinbauern im heutigen Ungstein. 

Sabine Rank-Amendt


Kontakt:

Römisches Landgut und
Römerkelter Weilberg
Tourist-Information Bad Dürkheim
06322/95 66-250
www.bad-dürkheim.de