Noch einmal bitte

„IrgendWIE, irgendWO, irgendWANN!“, betont Viola S. Hoffmann die jeweils letzte Silbe und schaut dabei in aufmerksame Gesichter während der Chorprobe von Choriander, dem Chor aus Neustadt-Mußbach. Geprobt wird gerade der Song von Nena. Dabei gerät besonders der Schluss des Liedes, der auf Sopran, Alt, Tenor und Bass verteilt wird, in die Probeschleife. „Bitte das I schmal halten. Eher ein Ü als ein breites Iiieehh“, sagt die Chorleiterin Viola. Dynamisch, freundlich, bestimmt, so steht sie vor den Damen und Herren. Die jüngste Teilnehmerin ist elf Jahre alt, aber auch das Mittelalter in allen Schattierungen bis hoch zu Pensionären ist vertreten. Die Sänger sitzen oder stehen im Halbkreis um Viola, die auf der Tastatur Töne vorgibt, die Musik spielt, den Takt mit dem Fuß anzeigt und mit der linken Hand auch noch dirigiert. Töne schließt – die Hand klappt zu. „Hier den Ton kompakt halten!“, ist eine ihrer Anweisungen. Die Chorteilnehmer wissen Bescheid. „Nochmal bitte!“ Sie hört genau zu. Ihr entgeht kein Atemzug, keine Pause oder eben das Fehlen der Pause. Sie überhört auch kein Pfälzisch im Gesang. Das unterbindet sie sofort. „Wir singen hochdeutsch.“ Mehrmals folgen die Wiederholungen, bis sie zufrieden ist. Das nächste Stück ist Das Beste von Silbermond. „Wir kennen die Worte und nun soll auch deren Bedeutung ankommen“, weißt Viola hin. Einzelne Wörter werden betont, Übergänge geschaffen, wiederholt. Nochmal. Jetzt nur die Frauen. Die Männer setzen ein. Zusammen bitte!

Geduldig folgen die Sänger den Anweisungen. Sie funktionieren wunderbar zusammen. Harmonie entsteht mit einem Höchstmaß an Konzentration. In jedem Gesicht steht die Fokussierung auf den Augenblick, den Ton, die Musiksequenz. Alle geben ihr Bestes und dabei scheint der Ansatz jedes Einzelnen doch individuell zu sein, folgt man ihrer Körpersprache. Es gibt diejenigen, die eifrig Text und Noten verfolgen, die anderen, deren Augen Violas Gestik auf´s Genaueste verfolgen, die nächsten, die sich im Takt wiegen und in der Musik zu baden scheinen, Augen geschlossen oder auch weit geöffnet, und eben auch jene, die scheinbar jetzt schon auf der Bühne stehen. Sie schlüpfen als Ganzes in die Gemeinschaft des Chores und nehmen – auch sprachlich – eine Rolle an. Die Texte sind akkurat hochdeutsch gesungen, die Frage eines Chormitglieds kommt wieder mit heimischer Klangfärbung. Sie verbinden hier mit dort und fügen es zusammen.

Weitere Lieder folgen in der heutigen Chorprobe. Eines wird Rücken an Rücken gesungen. Ein Teilnehmer sieht Viola, der andere nicht. Die jeweiligen Übungspartner erfühlen sich und ihren Einsatz. Sie verlassen sich auf den anderen und auf ihre Erfahrung, die sie mittlerweile in den zahlreichen Proben und auch Auftritten erworben haben.

Seit nunmehr 16 Jahren besteht Choriander in dieser Form. Er entstand in einer Zeit, als die Erwachsenenchöre immer weniger frequentiert wurden und um ihren Sängernachwuchs bangen mussten, erzählt Herbert Baßler. Er ist der Vorsitzende der Chorgemeinschaft. „Wir haben das Liedgut den Wünschen und Bedürfnissen der Sänger einfach angepasst. Hauptsächlich singen wir deutsch, aber auch englisch. Rock und Pop ist unser Genre. Das sind Stücke von Nena, Herbert Grönemeyer, PUR, Unheilig, Silbermond und andere“, sagt er. Viola S. Hoffmann war ein Glücksgriff für den Chor. Sie ist Musikerin und hat eine klassische Klavierausbildung am Konservatorium in Karlsruhe genossen. Sie besitzt ein Talent für Chorleitungen und konnte mit einer speziellen Ausbildung dieses fachlich untermauert. Choriander ist nicht ihr erster Chor, den sie leitet, aber sie liebt die Arbeit mit eben dieser Chorgemeinschaft sehr. Das spürt man – an jedem Ton, an jeder Bewegung und dem Miteinander der Sänger. Nachwuchssorgen hat der Verein längst nicht mehr. Die Sänger kommen – jung und auch nicht mehr so jung. 

Zu hören ist Choriander am 24. und 25. Mai 2019 in der protestantischen Johanneskirche in Neustadt Mußbach um jeweils 20 Uhr. Der Vorverkauf startet am 8. April 2019.