Lebensträume

So unterschiedlich die Menschen sind, so vielfältig sind ihre Träume. Ein erfülltes Leben, Glück, Wohlstand und Gesundheit – das wünschen sich ausnahmslos alle Menschen. Sich einen besonderen Lebenstraum zu erfüllen, der über das Standardwerk der Wünsche hinausgeht, daran denken zumindest die meisten, an dessen Realisierung arbeiten jedoch weitaus weniger Träumende und noch geringer ist die Anzahl derer, die sich einen Lebenstraum tatsächlich erfüllen oder erfüllen können. Pilot werden, sich endlich selbständig machen, einen hohen Gipfel erklimmen, um die Welt segeln oder auf einer Bühne vor vielen Menschen singen – dies alles können Lebensträume sein. Manche Wünsche kommen erst im Laufe eines Lebens auf oder verändern sich mit der Lebenserfahrung. Sie können Luxus, Horizontverschiebung, Partnerschaft oder den Job betreffen. Manchmal sind es ungelebte Potenziale oder Sehnsüchte nach Anerkennung, die den Menschen antreiben.

Was die wirklichen Wünsche und Lebensträume sind, erkennen wir nicht immer auf Anhieb, denn sie werden verdeckt von den Klassikerwünschen nach schulischem Abschluss, dem richtigen Job mit vielversprechender Karriereleiter, Heirat und Häuschen in der Vorstadt. Das ist nicht falsch, aber umreißt vielleicht nicht alles, was das Leben zu bieten hat.

Was passiert, wenn diese allgemeingültigen Bestrebungen nach den Standards abgearbeitet sind und wir feststellen, dass es noch mehr gibt, was uns umtreibt? Etwa um die Lebensmitte gibt es einen Moment, in dem wir uns und unser Leben noch einmal in Frage stellen. Dann vergleichen wir, was wir sollten und was wir wollten. Glücklich der, dessen Bilanz stimmt. Glücklich allerdings auch derjenige, dessen Bilanz zwar nicht in Balance ist, aber es erkennt und die Chance zum Austarieren hat. Es ist wichtig zu erkennen, was zum Glück und zur Vollkommenheit jenseits der Zwänge und der gesellschaftlichen Norm fehlt.

Menschen machen den Doktortitel, übernehmen die Arztpraxis oder den Bauernhof, auch wenn es in ihnen eine Sehnsucht nach einem ganz anderen Leben gibt. Sie studieren, weil die Mutter sich das immer gewünscht hat, obwohl sie lieber Goldschmied geworden wären. Vielleicht halten sie die unglückliche Ehe aufrecht, um den Eltern das Gerede der Nachbarn zu ersparen. Ein unguter Einfluss durch unreflektiertes Aufnehmen von allgegenwärtigen Botschaften, die uns vollkommenes Glück lediglich vorgaukeln, lenkt uns in eine fatale Richtung. Und so träumen manche vom Sportwagen oder dem schlanken, durchtrainierten Körper, ohne dahinter ihr Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung zu sehen.

Die Wahrheit ist: Niemand ist dafür geschaffen, sein Leben nach einem äußeren Maßstab, der Gesellschaft oder anderen Menschen auszurichten. Es geht um unsere eigene Werteskala und innere Realität. Wir können entscheiden, in welchem Land wir leben, mit wem wir zusammen sein, was wir beruflich tun und sogar wie wir aussehen wollen. Glück und Sinn im Leben finden wir aber nicht durch immer mehr materiellen Wohlstand, das außergewöhnlichste Urlaubsziel oder das schickste Auto, sondern durch die Realisierung unseres inneren Potenzials.

Das Wünschen alleine hat jedoch noch keinen Traum erfüllt. Man muss auch den Mut aufbringen und die Initiative ergreifen, um die Voraussetzungen für die Realisierung eines Lebenstraumes zu schaffen. Wer reisen will, um seinen Horizont zu erweitern, auf Berge klettern, segeln, Bauwerke sehen, exotische Landschaften erkunden oder am Strand liegen möchte, benötigt das Geld dazu, was eventuell bedeutet: sparen oder Extrajob. Wer von einem anderen Beruf träumt, sollte sich auf den Weg zur Qualifizierung und Bewerbung machen. Und wer unbedingt einen Bootsverleih am Strand einer Trauminsel eröffnen möchte, sollte sich mit der harten Realität vertraut machen, bevor er loszieht.

Und dann gibt es noch die eine Wahrheit, die unbequem ist: „Wenn Du Dir selbst vertraust und an Deine Träume glaubst und Deinem Stern folgst, dann wirst Du trotzdem von Leuten übertroffen, die ihre Zeit damit verbringen, hart zu arbeiten und zu lernen und nicht so faul waren.“ (Terry Pratchett). Oder anders ausgedrückt: Die Erfüllung eines Lebenstraums besteht zu einem Prozent aus Inspiration und 99 Prozent Transpiration.

Und daran muss man arbeiten!