Speiseplan: Von allem etwas!

Die empfohlene Ernährungspyramide hat sich im Laufe der Zeit in Form und Zusammensetzung verändert. Angepasst an die Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Menschen wurden die prozentualen Anteile der Nahrungsmittelgruppen immer wieder korrigiert. Körperliche schwere Arbeit, wie sie vermehrt noch vor einigen Jahren üblich war, erfordert einen höheren Kalorienanteil als eine sitzende Tätigkeit, die heute die Mehrheit der Menschen ausüben, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber auch die Lobby der Nahrungsmittelproduzenten hatte lange Jahre keinen unerheblichen Anteil an den Ernährungsempfehlungen, die – wenn wundert es – zu ihren Gunsten ausfielen. Demgegenüber stehen diejenigen, die ganze Nahrungsmittelgruppen ablehnen. Das sind die Vegetarier und Veganer, die tierische Produkte von ihrem Speiseplan zum Teil oder gänzlich gestrichen haben. Aber auch jene, denen Kohlenhydrate unheimlich sind, salzlos und laktosefrei essen möchten oder etwa Zucker komplett meiden, verrücken die Essgewohnheiten ganzer Generationen. Zurzeit ist die Ernährung ein häufig bemühtes Thema, sozusagen in aller Munde. Gestritten wird über die richtige Ernährungsform. In diesem Glaubenskrieg, denn anders kann man es oftmals nicht mehr nennen, entstehen regelrechte Mythen, die mit den Tatsachen nichts gemein haben. „Hintergrund hierfür sind nicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur gesundheitlichen Wirkung dieser Lebensmittel, sondern individuelle Einschätzungen einzelner Personen, die über die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten eine weite Verbreitung finden.“ sagt Prof. Dr. Bernhard Watzl vom Max Rubner-Institut in Karlsruhe anlässlich der Dreiländertagung Anfang Oktober 2016, zu der die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eingeladen hatte. In seinem Vortrag wies er darauf hin, dass beispielsweise der moderate tägliche Verzehr von der von manchen Menschen kritisch betrachteten Milch und Milchprodukten durchaus mit leichten gesundheitlichen Vorteilen hinsichtlich des Risikos verschiedener Krankheiten einhergehe. Lediglich bei bestimmten Erkrankungen wie Prostatakrebs ist ein sehr hoher Verzehr von mehr als 1,2 Liter Milch pro Tag nicht zu empfehlen. An diesem Beispiel ist abzulesen, dass eine einzelne Empfehlung nicht auf alle Menschen übertragen werden kann.  

Georg Schäppi vom Allergiezentrum Schweiz weist in seinem Vortrag Frei von-Produkte zwischen Medizin und Markt darauf hin, dass korrekt hergestellte und deklarierte Frei von-Produkte für Menschen mit Lebensmittelallergie oder –intoleranz ein echter Segen sind. In vielen Fällen ist es nur durch den gänzlichen Verzicht auf entsprechende Lebensmittel möglich, eine allergische Reaktion zu verhindern. Allerdings werden die Frei von-Produkte auch von Menschen gekauft, die sie eigentlich nicht benötigen und die ohne Not pauschal auf bestimmte Lebensmittel verzichten. Hierdurch werden bestimmte Lebensmittelprodukte  - und damit gleichzeitig auch wichtige Sachverhalte - in den Bereich eines lockeren Wellnessgefühls gerückt, obwohl sie für eine Zielgruppe unbedingt erforderlich sind.

Vielmehr empfiehlt die DGE für Menschen ohne besonderen gesundheitlich bedingten Diätbedarf eine tägliche Ernährung, die abwechslungsreich und vielfältig ist. Als eine ausgewogene Ernährung gilt, wenn man so vielseitig wie möglich isst und sich nicht auf einzelne Lebensmittelgruppen beschränkt. Nur so werden ausreichend viele verschiedene Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aufgenommen. Diese sorgen unter anderem dafür, dass das Immunsystem perfekt arbeitet und wir vor einer Vielzahl von Krankheiten wie Erkältung bestens geschützt sind. Hinzu kommen lebensnotwendige Fettsäuren, hochwertige Eiweiße und natürlich Ballaststoffe, die für eine gesunde Darmflora wichtig sind, was wiederum für die Gesundheit unerlässlich ist.

Ein vielseitiger und abwechslungsreicher Speiseplan hat gleich zwei Vorteile: Er ist alles andere als langweilig und wer saisonales Gemüse und Obst einkauft und immer mal wieder neue Lebensmittel ausprobiert, wird mit den verschiedensten Vitaminen und Mineralstoffen versorgt.

Die zurzeit kritisch beäugten kohlehydrathaltigen Lebensmittel haben durchaus ihre Berechtigung. Sie sind reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen und damit wichtig für die Verdauung und unsere Gesundheit im Allgemeinen. In moderaten Mengen genossen und am besten in der Vollkornvariante zählen Kohlenhydrate zu den wichtigen täglichen Lebensmitteln. Fleisch und Fisch stehen nicht nur bei Vegetariern oft in der Kritik, denn sie enthalten Cholesterin und das kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Aber Eiweißlieferanten wie Fleisch, Fisch und Eier enthalten auch lebensnotwendige Mineralstoffe sowie wertvolle Fettsäuren. Die DGE empfiehlt, dass wöchentlich 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst auf den Teller dürfen. Fisch sollte zweimal pro Woche auf den Tisch kommen. Eier maximal dreimal wöchentlich, so die DGE. Dann sind wir gut mit allen Nährstoffen versorgt, müssen uns aber keine Sorgen um das Cholesterin machen. Kritisch sind tierische Fette wie sie zum Beispiel in Butter oder Fleisch und Käse vorkommen. Damit sollten wir uns zurückhalten. Pflanzliche Fette dagegen, zum Beispiel aus Rapsöl oder Nüssen, sind lebensnotwendig, denn sie enthalten wertvolle Fettsäuren, die der Körper braucht. Laut der DGE gilt grundsätzlich: 60 bis 80 Gramm Fett am Tag sind in Ordnung - dazu gehören auch die versteckten Fette in Fleisch, Kuchen oder Käse. Generell sollten fettreiche oder stark zuckerhaltige Lebensmittel, zu denen auch Getränke zählen, nur in Maßen gegessen oder getrunken werden.

Ein gesunder Mensch, der sich seiner Ernährung bewusst ist, Abwechslung auf den Tisch bringt, ein wenig Zeit und Mühe auf den Einkauf und die Zubereitung seiner Mahlzeiten verwendet, der muss sich nicht gänzlich und dogmatisch an moderne Ernährungsregeln halten, die sich am Ende dann doch nur als trendige Mythen erweisen.

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