Die lange Nacht der Winterschläfer

Manche beneiden sie, die tierischen Langschläfer. Bereits im Herbst senken sie ihre Körpertemperatur auf ein niedriges Niveau ab. Puls- und Atemfrequenz reduzieren sich genauso wie alle weiteren Stoffwechselprozesse innerhalb des winterschlafenden Organismus. In dieser Zeit der Ruhe bedient sich der Körper der Reserven, die bestenfalls über die Sommermonate einverleibt wurden, um die nötigen Reserven für die lange Nacht zu bilden.

Einzelne Säugetiere, wie zum Beispiel Fledermäuse, schlafen durch, während andere, wie zum Beispiel der Siebenschläfer und die Haselmaus eher unruhig schlafen, also wenige Male den Winterschlaf unterbrechen. Wird der Schlaf ab und zu unterbrochen, dann spricht man übrigens von Winterruhe. In den Wachphasen wird Nahrung nachgetankt, die Notdurft verrichtet und die Schlafposition angepasst. Ganz anders verhält es sich bei wechselwarmen Tieren - Fische, Reptilien, Amphibien und Insekten halten Kältestarre. Hierbei entspricht die Körpertemperatur der Tiere der Umgebungstemperatur und gebildete Glukose verhindert das Einfrieren der körpereigenen Flüssigkeiten.

Die Taktik bei Winterschläfern und Winterruhern indes ist vergleichbar. Bereits im Herbst werden wintertaugliche Quartiere aufgesucht und hergerichtet. Die Schutzräume wie Erdlöcher und Baumstämmw werden von den bald dauerschlafenden Untermietern mit dämmenden Materialien, wie beispielsweise Heu, Blätter oder Wolle ausgepolstert. Beginnt die Ruhephase, dann kugeln sich die Tiere soweit es geht zusammen, um den Energieverlust möglichst klein zu halten. Die Körpertemperatur sinkt in diesem Zustand vom Ursprungswert auf neun bis ein Grad Celcius ab. Wie lange der Schlaf dauert, ist von Art zu Art unterschiedlich. Unser heimischer Igel schläft drei bis vier Monate, während der Siebenschläfer, man hat sich wohl etwas bei dem Namen gedacht, sechs bis sieben Monate ins Traumreich eintaucht – mit kleinen Unterbrechungen.

Warum überhaupt so lange schlafen?

Ohne sich weitergehend zu informieren würde wohl ein jeder, der auf die Gründe für Winterschlaf angesprochen wird, mit den kalten Außentemperaturen und dem Mangel an Nahrungsquellen in der dunklen und kalten Jahreszeit argumentieren. Nur, reicht das als Anlass aus?

Die Forschung geht inzwischen davon aus, dass, ähnlich wie bei den reisefreudigen Zugvögeln, die geänderte Tageslänge eine wichtige Rolle bei der Wahl des Einschlaftermins spielt. Mit der kurzen Tageslänge einher geht der Rückgang an ultraviolettem Licht, was den Hormonhaushalt (Sonnenlicht als Vitamin D-Quelle), nachhaltig beeinflusst.

Wann geht der Wecker?

Die Klärung der Frage, wann die Winterschläfer aufwachen, ist immer noch Thema aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen. Man geht jedoch davon aus, dass die körpereigenen Prozesse, die mit Ende der Winterruhe im wahrsten Sinne des Wortes auftauen, steigende Umgebungstemperaturen voraussetzen. Als wichtigstes Wecksignal gelten deshalb nach wie vor steigende Temperaturen, gleichwohl deren Auswirkungen auf den Winterschläfer verschieden bewertet werden. Im Ergebnis ist sich die Forschung aber einig: Werden Winterschläfer nicht gewaltsam aus dem Schlaf gerissen und hatten die Schläfer genügend Futter vor dem Schlaf, dann wachen sie auch sicher wieder auf.

Was machen eigentlich die wachen Tiere?

Auch sie fahren ihre Stoffwechselaktivitäten zurück. An einheimischen Hirschen hat man festgestellt, dass diese trotz der Tatsache, dass sie keinen Winterschlaf halten, ihren Stoffwechsel der Jahreszeit anpassen. In der Nachtruhe wird die Körpertemperatur auf bis zu 15 Grad Celsius zurückgefahren. Als Ursache für die Regulierung der Körpertemperatur und des Stoffwechsels nennt die Forschung verschiedene Arten von artgerechter und eben nicht artgerechter Nahrung. Darüber hinaus geht man davon aus, dass in unterschiedlichem Maße jeder wache Vertreter des Tierreichs während der kalten Monate seine eigene Überlebensstrategie entwickelt hat. Wie diese aussieht, das kann sich durchaus unterschiedlich darstellen.

Jens Wacker