Sechs Wochen fleischlos - ein Selbstversuch

Während der Zeit zwischen Fasching und Ostern – allgemein bekannt als Fastenzeit – sind Versuche gestattet, auf liebgewonnene Dinge zu verzichten. Alkohol, Süßigkeiten und Zigaretten stehen zu diesem Zwecke hoch im Kurs. Auch Schimpfwörter und Lästereien eignen sich prima für den Verzichtszeitraum. Eine Ernährung ohne Fleisch ist ohnehin schon in der Gesellschaft angekommen und für diejenigen, die es mal versuchen wollen, kommt die Fastenzeit geradezu wie gerufen. Eine gewisse Probezeit sollte man sich für ein Vegetarierleben schon gönnen, denn schließlich ist es nicht alleine mit der reinen Willensbekundung erledigt. Es bedarf eines gewissen Umdenkens.

Die vegetarische Lebensweise nötigt beim Kochen etwas mehr Kreativität ab, wenn man nicht ausschließlich auf Nudeln mit Tomatensoße vertrauen möchte. Auch Schafskäse kann einem auf die Dauer leicht über werden. Gemüse und Salat müssen her und zwar in ansprechender, ausreichender und einfacher Darbietung. Letzteres besonders dann, wenn eine Familie miternährt werden muss, die dem Projekt Fleischlos eher skeptisch gegenüber steht.

Aber dann kommt der erste Entzug und die Suche nach etwas Handfestem, Sättigenden und – große Überraschung – die Lust auf Süßes steigt. Gut, Kuchen sind meist vegetarisch und passen somit zur Ideologie, aber sie sind in Bezug auf die Figur doch eher ungünstig. Hier helfen der Griff zu Obst inallen Varianten und das Vortäuschen von Süßspeisen, indem man Quark, Joghurt oder Milchshakes anbietet. Übrigens schmeckt erwärmte Milch süßer, weil der Milchzucker Laktose, ein Zweifachzucker, beim Erwärmen in die Einfachzucker Glukose und Galaktose aufgespalten wird, die eine höhere Süßkraft haben. Wird sie zudem noch geschäumt, so entsteht der Eindruck von sahnigem Dessert. Wie gesagt, man wird als Vegetarier kreativer und arbeitet mit allen Tricks.

Zudem werden nach einer fleischlosen Weile die Sinne für Geschmack, Zutaten und Konsistenzen geschärft. Einen Kick geben Nüsse, die den Gerichten zugefügt werden. Sie sind knackig, haben Biss, enthalten Proteine und fügen sich in eigener, jedoch harmonischer Weise zu den vorhandenen Geschmacksnoten. Auch das Mischen unterschiedlicher Gemüsesorten in kleinen Mengen fördert nicht nur die Optik des Gerichts sondern auch die geschmackliche Vielfalt.

Nach drei bis vier Wochen kommt die Entscheidung: Entweder man bricht den Test ab oder bleibt beim Projekt. Wer bleibt, hat offensichtlich Gefallen gefunden an diesem Koch- und Ernährungsstil und mag neue Rezepte, Zutatenkombinationen und die Verwendung anderer Gewürze und Kräuter. Es ist kein Fehler und der Gesundheit zuträglich, den Fleischkonsum zumindest zu reduzieren, wenn man nicht ganz darauf verzichten will. Einen Versuch ist es wert.