Du sollst es einmal besser haben

Als Deutschland 1945 in Schutt und Asche lag, begann das große Aufräumen. Es gab wirklich wenig, was man in dieser Zeit positiv betrachten konnte. Eines jedoch ist sicher: Allen Menschen ging es gleich schlecht. Was ist daran positiv? Große gesellschaftliche Unterschiede waren nicht erkennbar. Das Projekt Wiederaufbau war für alle gleich wichtig, ebenso groß und schwierig. Niemand hatte viel und so wurde die allgemeine Unzufriedenheit nicht nach rechts und links auf den Nachbarn projiziert. Die Nachkriegsjahre als Zeit der Entbehrung, der Disziplin, des Aufbaus, des Strebens und Arbeitens formten unsere Gesellschaft.

Diese Generation hat etwas geschaffen, was heute noch unser Fundament bildet. Mit unglaublicher Anstrengung holten sie Deutschland aus den Trümmern. Diese Mütter und Väter schauten auf ihre Kinder und sagten: „Du sollst es einmal besser haben!“ Der Wunsch war von ehrlicher und nachvollziehbarer Überzeugung geprägt. Sie schickten ihre Kinder auf Schulen, ließen sie einen Beruf erlernen und gaben ihnen von ihrem erarbeiteten kleinen Wohlstand ab. Erste Urlaubsreisen führten in das angrenzende Ausland, wo die Deutschen auch wieder willkommen waren. Sie brachten ja schließlich Geld mit.

Tatsächlich ging es der nachfolgenden Generation auch besser. Die Dreiteilung des Schulsystems machte noch Sinn. Lehrberufe fanden Anerkennung und ein Einkommen reichte für eine Familie inklusive Sparbuch mit nennenswerten Zinsen.Diese zweite Generation gab sich große Mühe und viele der Erben konnten den Wohlstand halten, mehren – und zunehmend große gesellschaftliche Unterschiede erzeugen. Denn in der Folge war es plötzlich nicht mehr genug, genug zu haben. Es reichte nicht mehr, eine Lehre zu machen. Mit einem Mal war es möglich, dass alle ein Gymnasium besuchen und Akademiker werden konnten. Und aus dem Möglichen wurde eine Forderung, die zu einem Zwang heranreifte. Aus dem Zwang entstand konsequenterweise Stress.

Immer noch wurden Sätze als Argument herangezogen, die aus der Vergangenheit kamen: „Du sollst es einmal besser haben!“ Aber wie sollte das gehen? Wie kann man jemanden übertrumpfen, der schon an der Spitze steht? Psychologisch und pädagogisch entstanden und entstehen Probleme, wenn das Vorbild riesig ist und der Leistungsdruck nicht nur zu hoch, sondern sogar unsinnig, weil nicht gerechtfertigt ist. Das Dilemma ist da. Doch die Jugend wäre nicht das, was sie immer war, wenn sie nicht eine Lösung fi nden würde. Die heutige Enkelgeneration hat sich den Satz der Eltern zu Herzen genommen und ihn neu definiert.

Sie wollen es besser haben als ihre Eltern. Allerdings haben sie nicht Wohlstand und Einkommen im Blick, sondern ihre Work-Life- Balance. Nach den ausführlichen Expertisen des Dienstleistungszentrums Handwerk in Ludwigshafen, die in Zusammenarbeit und umfänglichen Umfragen mit den Betrieben in der Vorderpfalz erarbeitet wurden, ergaben sich folgende Ansprüche an einen Arbeitsplatz, der für ein Bleiben oder Abwandern einer Fachkraft verantwortlich sind: gutes Arbeitsklima, fl exible Arbeitszeitmodelle, interessante Arbeitsinhalte, Weiterbildungsmöglichkeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und fl ache Hierarchien. Nachhaltiges Handeln, ethische Aspekte, Umwelt- und Sozialpolitik sind in der Rangfolge fast ebenso bedeutsam wie die Frage nach dem Verdienst. Es geht ihnen also eher um Sinnhaftigkeit als um Geld. Das bedeutet, dass die junge Generation mit Blick auf die Arbeitszeit, den Stress und Ärger ihrer berufstätigen Eltern einen Weg suchen, den zu beschreiten ihnen immer wieder geraten wurde. Sie wollen, dass es ihnen besser geht als ihren Eltern. Allerdings suchen sie dabei nach der Vereinbarkeit von ihrem individuellen Leben mit einer durchdachten Anschauung sowie sinnvoller und erfüllender Arbeit.

Gute Idee!