Pfälzer Geschichte, Gedichte und e bissel dumm Zeich

So geht Erinnerungskultur auf Pfälzisch: Da plaudert jemand über lang vergangene Zeiten, so wie man vielleicht im Familienkreis am Wohnzimmertisch Episoden erzählt, gemeinsam lacht, nachsinnt und Erinnerungen austauscht. Über die Spiele aus der Jugendzeit, die es längst nicht mehr gibt, über philosophische Kindergespräche am Bach, die sich in aller Unschuld um Liebe und Sterben drehen, aber auch über schlimme Erfahrungen und harte Zeiten – damals in den vierziger Jahren.

Viele aus der Großelterngeneration erzählen so vor sich hin. Nur: Wilfried Bergers Texte sind mehr als Plauderei, sie gehen in die Tiefe, gehen ans Herz. Und: Er ist ein Sprachkünstler, der eine nicht gerade aussterbende, aber doch seltener werdende Sprache lebendig hält - das Südpfälzisch seiner Herzensheimat Essingen.  Kein Allerwelts-Pfälzisch, sondern sprachliche Urgewalt mit viel ou und ää, mit Ausdrücken, die man in keiner Suchmaschine finden kann, wie Issemigges und Wolldouwe.

Eigentlich, so hat Wilfried Berger lange gemeint, ist das eine Sprache zum Sprechen und nicht zum Aufschreiben. Aber jetzt hat er sich doch breitschlagen lassen, mit 84 Jahren sein erstes Buch Pälzer G’schichte, Gedichte un es bissel dumm Zeich zu veröffentlichen. Schuld daran sind Leute aus der Burg-Landeck-Stiftung, einer Institution, die sich eigentlich um kulturelle Belange rund um Klingenmünster kümmert und auch eine kleine Kapelle betreut. Dort in der Nikolauskapelle hat der sanfte Mundartpoet, der mittlerweile im Elsass lebt, immer mal wieder aus seinen Texten gelesen. Und dort wurde die Idee für das Buch geboren, das die Stiftung nun herausgibt.

Wilfried Berger, ehemals Lehrer, ist in Sachen Mundarttexte ein Spätberufener. Erst als Pensionär dichtete er, inspiriert von der La Fontaine-Fabel Der Rabe und der Fuchs das Gedicht De Grabb und de Fuchs, das die Fabel quasi auf den Kopf stellt (Denn: En Pälzer Grabb esch kään Franzous). Mit diesem Gedicht also, das vier Jahre in der Schublade schmorte, traute sich der völlig unbekannte Poet, 2005 am Mundartdichterwettstreit in Bockenheim teilzunehmen und gewann auf Anhieb den ersten Preis. Das war nur der Anfang. In den folgenden Jahren räumte er zahlreiche Preise ab, vor allem auch mit Gedichten und Prosatexten beim Mundartwettbewerb Dannstadter Höhe. Ganz aktuell erhielt er Ende Oktober der Dr.-Wilhelm-Dautermann Preis 2020 anlässlich des Bockenheimer Mundartwettstreits. Der Preis wird jährlich verliehen und honoriert mundartliterarische Neuerscheinungen (in Pfälzer Dialekt).

Fragt man Berger nach dem Inhalt seines Buchs, lächelt er: „‘s ganze Lewe halt“. Neben den vielen berührenden Jugenderinnerungen finden sich auch melancholische Texte über die Freuden und Plagen des Alters und tieftraurige Gedanken über den Verlust seiner großen Liebe. Und doch hat der Mundartpoet seine Lachfalten nicht verloren, die man übrigens auf dem Titelbild sieht. So gibt es am Schluss zum Schmunzeln „e bissel dumm Zeich“: herrlich alberne Limericks rund um pfälzische Dörfer.

Lesezeichen

Pälzer G’schichte, Gedichte und e bissel dumm Zeich
Wilfried Berger
ISBN 978-3-9821766-0-4.
Eine Bestellung ist auch über
www.burglandeck-stiftung.de möglich.

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