Die Pfalz und ihre Mittelzentren

Wenn es um die Themen Wohnen, Leben, Wohlfühlen geht, rangiert die Pfalz in allen Rankings weit vorne. Die Landschaft ist schön, die Dörfer und Städte idyllisch, das Wetter gut. Was will man noch? Einkaufen, arbeiten, ausgehen. Das alles ist auch in der Pfalz oder in den nahe angrenzenden größeren Städten sehr gut möglich. Wunderbar. Man könnte ja zufrieden sein, wäre da nicht der Hang des Menschen, immer nach dem Haar in der Suppe zu suchen. Vorzugsweise in der Suppe des anderen. Aber manchmal, und gar nicht so selten, auch in der eigenen. Gerne vergleicht man das, was man hat, mit dem, was der Nachbar sein eigen nennt. Hin und wieder sind Vergleiche sinnvoll, besonders dann, wenn es vergleichbar ist. Doch ab und an sind die Voraussetzungen einfach andere, damit schlicht unvergleichlich, und nicht auf eigene Modelle übertragbar. Und dies nur aus einem Grund: Die Parameter unterscheiden sich zu stark.

Werfen wir doch einmal einen Blick auf den Pfalz-Vergleichsklassiker: Speyer-Landau-Neustadt. Vergleichbar ist die Größe der drei Mittelzentren mit rund 50.000 Einwohnern. Sie bilden jeweils einen Anziehungspunkt in einer von Landwirtschaft geprägten Umgebung, in der die Menschen in Dörfern oder kleineren Städten leben. Die Städte haben eine Ausrichtung zu Ballungszentren wie Karlsruhe, Mannheim oder Heidelberg. In ihnen sind vermehrt schulische und kulturelle Einrichtungen angesiedelt. Auch größere Verwaltungseinheiten und Gerichte finden sich dort. Sie sind Versorgungszentren hinsichtlich Gesundheit und Konsum. Ein verkehrstechnischer Anschluss per Autobahn und Bahn ist vorhanden. Alle drei Mittelzentren sind bei Touristen beliebt. In allen drei Städten findet man Freizeiteinrichtungen für unterschiedliche Altersklassen und Bedürfnisse. Gewerbegebiete liegen auf der Grünen Wiese und der Kampf um die Grüne Wiese ist in allen Mittelzentren gleich gelagert.

Und damit sind wir mit den vergleichbaren Parametern auch schon am Ende.

Die Lage

Gemeinsam ist den drei Städten die Region Pfalz und auch in weiten Teilen das Wetter, wenngleich auftretende Unwetter durchaus auch regionalen Charakter haben können. Speyer liegt am Rhein, Neustadt unmittelbar am Rand des Pfälzerwaldes und Landau ist umgeben von sanften Hügeln.

Der Tourismus

Die Flusslage beschert Speyer vermehrt eine andere Art des Tourismus als Landau und Neustadt, nämlich die Tagestouristen, die per Schiff die Stadt erreichen, einige Stunden bleiben und weiterziehen. Auch der Dom gilt als Touristenmagnet – für ein paar Stunden. Die unmittelbare Nähe zum Pfälzerwald macht Neustadt für Wanderer und Mountainbiker zum idealen Standort und Ausgangspunkt für ihre Aktivitäten. Landau hingegen ist insbesondere bei Geschäftsreisenden beliebt, worauf sich die Hotellerie eingestellt hat. Landau hieß in 2017 rund 55.000 Gäste willkommen und verbuchte etwa 107.000 Übernachtungen, das sind knapp zwei Übernachtungen pro Gast. Speyer freute sich über rund 153.000 Gäste, die Übernachtungen lagen bei 259.000, was einer Verweildauer von etwa 1,7 Tagen entspricht. Neustadt wurde von rund 111.000 Gästen besucht und die Tourismusbüros registrierten  243.000 Übernachtungen. Damit liegt die Verweildauer bei 2,2.

Wirtschaft

In 2015 erwirtschafteten laut Zahlen des statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz die Städte Speyer, Landau und Neustadt ein Bruttoinlandsprodukt wie folgend:

Speyer: Das Bruttoinlandsprodukt betrug rund 2,5 Milliarden Euro. Davon entfielen auf das produzierende Gewerbe 655 Millionen Euro und das verarbeitende Gewerbe 533 Millionen Euro. Der Dienstleistungsbereich (Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation) war mit einer Bruttowertschöpfung von 350 Millionen Euro vertreten. Im Bereich Dienstleistung war der Sektor Finanzen, Versicherungen, Immobilien mit 530 Millionen Euro stark und wurde von den öffentlichen Dienstleistern, Erziehung und Gesundheit mit einer Bruttowertschöpfung von knapp 700 Millionen Euro noch übertroffen.

Landau: Das Bruttoinlandsprodukt lag bei 1,8 Milliarden Euro. Die Bruttowertschöpfung des produzierenden Gewerbes belief sich auf 320 Millionen Euro, das verarbeitende Gewerbe war mit 207 Millionen Euro erfolgreich und Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation trugen mit 307 Millionen Euro zum Gesamtergebnis bei. Der Bereich Finanzen, Versicherung und Immobilien lag bei rund 430 Millionen Euro und die öffentlichen Dienstleister, Erziehung und Gesundheit waren mit 555 Millionen Euro anteilig vertreten.

Neustadt: Das Bruttoinlandsprodukt betrug rund 1,6 Milliarden Euro und bildet damit das Schlusslicht unter den drei verglichenen Städten. Das produzierende Gewerbe hatte eine Bruttowertschöpfung von 188 Millionen Euro, das verarbeitende Gewerbe war mit 89 Millionen Euro vertreten. Auf die Dienstleistungsbereiche entfielen (Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation) 280 Millionen Euro, sowie (Finanzen, Versicherungen, Immobilien) 410 Millionen Euro und (öffentlichen Dienstleistern, Erziehung und Gesundheit) 493 Millionen Euro. Die Bruttowertschöpfung im Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sticht im Vergleich zu Speyer (1,8 Millionen Euro) und Landau (15 Millionen Euro) mit einer Bruttowertschöpfung von 29 Millionen Euro heraus. Der Grund hierfür liegt in der Bewirtschaftung des großen kommunalen Waldes Neustadts und natürlich dem Weinbau, den jedoch auch Landau betreibt.

Innenstädte

Alle drei Städte haben eine schöne und attraktive Innenstadt. Welche jedoch am schönsten oder attraktivsten ist, darüber kann man natürlich geteilter Meinung sein. Ob es ein großer Platz mit den Dimensionen für Großveranstaltungen sein soll, ein idyllischer Marktplatz mit Atmosphäre und Flair oder aber eine langgezogene Straße mit Gastronomie und zahlreichen Eiscafés bleibt dem eigenen Belieben überlassen. Auch die Vorlieben beim Shoppen sind unterschiedlich. Zunächst ist die Frage zu stellen, ob man ein Bedarfskäufer ist und seine Einkäufe schlicht erledigen will. Möchte man bummeln und sich inspirieren lassen? Fährt man gezielt zu Geschäften, Boutiquen oder Dienstleistern? Was sucht man und in welchem Preisrahmen? Der Anteil an inhabergeführten Geschäften und Kettenläden ist in Speyer, Landau und Neustadt etwa gleich hoch. Neustadt kämpft zurzeit mit Leerständen, die sich aus dem Rückzug von Handelsketten aus der Fläche in den Onlinehandel erklären lassen. Zudem hat die Schließung Herties und der bis heute anhaltende Schwebezustand (trotz Verkauf der Immobilie und Darlegung von Plänen zur Weiternutzung) des leer stehenden Gebäudes die Vermarktung Neustadts nicht erleichtert. Das eindeutige Plus auf der Habenseite Neustadts ist die schöne Innenstadt mit ihren sehr gut erhaltenen und wunderschönen alten Gebäuden, die Besucher immer wieder ehrfürchtig nach oben blicken lassen.
Landau erfreut sich zurzeit eines guten Rufs als Einkaufsstadt. Der Einfluss der Universität mit ihren zahlreichen Studenten wirkt sich deutlich auf das Warensortiment aus. Waren für junge Leute im niedrigen bis mittleren Preissegment dominieren das Angebot. Die Ansiedlung der hochkarätigen Unternehmen rund um Landau hat das Warensortiment noch nicht beeinflusst. Die Gastronomie, speziell mit Außenbestuhlung, zieht sich durch die Innenstadt. Dies erhöht die Attraktivität und Verweildauer in der Stadt sichtbar und erlebbar.

Speyers Einkaufsangebot zielt zum einen auf die Speyerer selbst, aber eben auch auf die Tagestouristen. Die Gastronomie dominiert in der 1a-Lage und prägt das Bild einer belebten, quirligen Innenstadt.

In Neustadt ist eine Außenbestuhlung für die Gastronomie nur an wenigen Stellen erlaubt. Grund dafür sind die engen Gassen, in denen ein Durchkommen von Rettungsfahrzeugen im Bedarfsfall möglich sein muss. Der Marktplatz ist deshalb attraktiver Treffpunkt, der mit seiner schönen Kulisse gerne angesteuert wird. Die Hintergasse mit ihrer wunderbaren Bausubstanz entwickelt sich mehr und mehr zum Szenetreffpunkt. Das hochpreisige Angebot steht neben dem mittleren Preissegment wahrnehmbar und seit vielen Jahren erfolgreich.

Speyer, Neustadt und Landau verfügen über Angebote, die sich ergänzen. Die Wege sind vergleichsweise kurz, ein Besuch der Städte ist jederzeit möglich. Präferenzen für das eine oder andere Angebot wird es je nach Gusto, Zielgruppe, jeweiligen Bedarf immer geben. Bedenken sollte man, dass die Städte als Mittelzentren in der vorliegenden Größe nicht alles anbieten können. Deshalb wäre es sinnvoll, Landau, Speyer und Neustadt nicht als Konkurrenten sondern als Partner in der Anstrengung um die Attraktivität der Pfalz zu verstehen. Ein Miteinander im Kampf ums Überleben in einer vermehrt digitalisierten Welt mit einem steten Wachstum im Onlinehandel führt zu größerem Erfolg und mehr Zufriedenheit als die Suche nach dem Haar in welcher Suppe auch immer.