Der Geräuschpegel ist hoch. Schreie, Pfiffe, Wortfetzen und immer wieder Ansagen aus dem Lautsprecher, die gegen die allgemeine wogende Akustik kaum eine Chance haben. Und doch sind die Ansagen enorm wichtig, denn sie geben den Teilnehmern das Signal, sich auf den eigenen Start vorzubereiten.
Die Bedingungen der Schwimmwettbewerbe, die an jedem Wochenende irgendwo in Deutschland mehrfach die guten Schwimmer von den Besten trennen, sind nicht so ideal, wie der Laie sie aus dem Fernsehen kennt. Städtische, kommunale Schwimmhallen müssen herhalten. Dort gibt es in der Regel keine Zuschauertribüne, keinen Ruheraum für Akteure, keine Fläche außer den engen, unbequemen Umkleidekabinen für den Aufenthalt zwischen den Starts. Und diese Zeit ist oft lang. Da heißt es warten. In der Regel dauert ein Wettbewerb den ganzen Tag bei drei bis fünf eigenen Starts. Die Schwimmdauer beträgt zusammengenommen keine fünf Minuten. Die Jugend aus Rheinland-Pfalz reist im Bundesland herum. Die Eltern oder die Vereine organisieren die Anreise, das Essen und Trinken. Trinken ist wichtig bei der Wärme in der Halle, die den Körper schnell austrocknet. Am Beckenrand stapeln sich Taschen, Bekleidung, Körbe mit Verpflegung. Dazwischen sitzen Mütter, Väter, Trainer, die den Schwimmern den Rücken frei halten, sie motivieren, ebenso auf die Ansagen horchen, Zeiten vergleichen, die jungen Schwimmer mit Essen und Trinken im richtigen Zeitfenster versorgen. Mittendrin Maksim Schreck aus Speyer. Der Zwölfjährige schwimmt für den WSV Speyer. Er ist seit sieben Jahren aktiv dabei. Die Schwimmer werden in Leistungsklassen eingeteilt. Nach kurzem Anlauf wechselte Maksim von den Spaßmannschaften in die Wettkampfmannschaften. Im vergangenen Frühjahr schaffte er den Sprung in die erste Wettkampfklasse. Dreimal pro Woche je zwei Stunden trainiert der Schüler in Speyer. „Ich trainiere gern und es könnte auch mehr sein. Andere Vereine trainieren bis zu sechsmal pro Woche“, sagt er. Mehr Trainingszeiten stehen jedoch dem Verein bei den begrenzten Speyerer Schwimmbadkapazitäten nicht zur Verfügung. Der Gymnasiast kann wählen, ob er bei hohem gefordertem Lernpensum der Schule das Training ausfallen lassen will, was noch nicht erforderlich wurde. Für die sportliche Weiterentwicklung Maksims sorgte seine Trainerin Annette Dinies, die ihn für den Rheinland-Pfalz Förderkader vorschlug. Für die Aufnahme in den Kader müssen die Schwimmer Pflichtzeiten unterschiedlicher Lagen und Strecken unter Wettkampfbedingungen erfüllen. „Ich schwimme die vorgeschriebenen Zeiten und unterbiete sie auch – nicht gigantisch, aber ich liege darunter“, sagt der Speyerer. Das klingt bescheiden, betrachtet man die Tatsache, dass er den südwestdeutschen Altersklassenrekord in 50 und 100 Meter Freistil innehat, in eben jener Disziplin im Gesamtdeutschen Ranking Platz 1 auf 100 Meter und Platz 2 auf 50 Meter belegt. Seit letztem Herbst nimmt er als einziger Schwimmer aus Speyer am Kadertraining teil, das einmal monatlich ein Tagestraining ist und in den Ferien ein Trainingslager beinhaltet.
Das Training ist hart und geht an körperliche Grenzen. An diesen Trainingstagen werden rund vier Stunden im Wasser trainiert und 90 Minuten Trockentraining absolviert. Dazu gehören Sprungübungen, Dehnungs- und Krafttraining. Über Ernährungspläne wird nicht gesprochen. „Meist merke ich selbst, was mein Körper braucht. Manchmal habe ich Hunger auf Fleisch, manchmal muss ich unbedingt Salat haben oder ich habe Lust auf eine riesige Schüssel Nudeln“, erzählt er. Ausgehändigt wurde ihnen eine Dopingliste, auf der sich auch normale Medikamente gegen Husten und Schnupfen wieder finden. „Ich bin noch nicht auf Doping getestet worden, was aber passieren kann“, sagt er. Aber Doping ist kein Thema für ihn, denn seine Leistungen stimmen auch so.
Freizeit hat der Zwölfjährige immer noch übrig, um Gitarre zu spielen, für die Pfadfinder, seine Freunde und für die Schule. Dort wird er hauptsächlich von seinem Sportlehrer auf seine Wettkampferfolge angesprochen. „Die Schüler kriegen das nicht so mit. Ist auch egal. Und wenn sie es in der Zeitung gelesen haben, dann freuen sie sich mit mir“, sagt Maksim. Übrigens: über den Lärm während der Wettkämpfe hört er hinweg. Das stört ihn nicht mehr. „Solange ich die Ansagen höre und meinen Start nicht verpasse, ist mir alles andere egal.“