Interview Herr Frech

Die Freien Wähler Rheinland-Pfalz haben Mitte November vergangenen Jahres in Neustadt an der Weinstraße ihre Kandidatenliste für den Wahlbezirk 4 für die Landtagswahl 2011 aufgestellt. Der Wahlbezirk 4 umfasst 13 der insgesamt 51 Wahlkreise von Rheinland-Pfalz. Zum Spitzenkandidaten für den Wahlbezirk 4 wurde einstimmig der Landesvorsitzende Manfred Petry (Landkreis Kaiserslautern) gewählt. Ihm folgen auf Platz 2 Michael Braun (Kreis Germersheim), Platz 3 Marion Magin (Landkreis Bad Dürkheim), Platz 4 Michael Frech (Stadt Neustadt), Platz 5 Berthold Martin (Landkreis Südwestpfalz).

Traditionell herrscht bei den Freien Wählern Rheinland-Pfalz Uneinigkeit über die Teilnahme an den Landtagswahlen. Verstehen sie sich doch als kommunal unabhängige Kräfte, die sich jenseits des Parteibuchs sachorientiert für die Belange vor Ort engagieren. Eine übergeordnete Struktur gibt Anlass zur Diskussion. Einerseits geben eben jene übergeordneten Strukturen mehr Stärke, Einfluss und Informations- wie auch Erfahrungsvorsprung und sichern eine Kostenreduzierung gerade in Wahlkämpfen zu. Die öffentliche Wahrnehmung steigt aufgrund der gemeinsamen Präsenz. Und doch gibt es Vorbehalte gegenüber eben jener Struktur. Denn im Kern lehnen die Freien Wähler parteiähnliche Strukturen ab. Stärke resultiert durch Einheitlichkeit, Zusammenhalt und Geschlossenheit. Eine Meinungsvielfalt, die die Freien Wähler bevorzugen, steht zwar nicht im Widerspruch dazu, jedoch auch nicht im Einklang.

Die FWG hat gegenüber den Parteien im Wahlkampf einen erheblichen Nachteil. Die FWG ist keine Partei und erhält somit auch kein öffentlichen Wahlkampfzuschüsse, die mit denen der Parteien vergleichbar sind. Ein Wahlkampf auf finanzieller Sparflamme ist die Folge, der durch gehöriges Manpower und außerordentliches Engagement ausgeglichen werden muss.
Chili sprach mit Michael Frech, FWG Neustadt, über das Selbstverständnis der FWG im Landtagswahlkampf.

Chili: Herr Frech, mit welcher Geschlossenheit kämpfen die Freien Wähler in der Region für die Landtagswahl?

Frech: Von allen Seiten erfahre ich sehr große Zustimmung und tatkräftige Unterstützung. Das gilt für die FWG in Neustadt aber auch für die Freien Wähler aus Haßloch und der Verbandsgemeine Lambrecht. Seit es sich herumgesprochen hat, dass die Freien Wähler bei der Landtagswahl antreten, erhalten wir auch immer mehr Zuspruch aus der Bevölkerung für das Vorhaben. Dies bestätigt, dass es an der Zeit ist, neue Wege einzuschlagen und verkrustete Strukturen aufzubrechen.

Chili: Wie sehen Sie die Vereinbarkeit von übergeordneter Struktur und Unabhängigkeit des Freien Wählers?

Frech: Die Unabhängigkeit der Freien Wählergemeinschaften ist und bleibt die Stärke der Freien Wähler und der Wählergemeinschaften. Die Landesvereinigung möchte als verlängerter Arm aller Wählergemeinschaften auf Landesebene angesehen werden. Da es bei der Landesvereinigung nur eine direkte Personenmitgliedschaft gibt, bleibt es den einzelnen Mitgliedern überlassen, ob sie neben der Mitgliedschaft bei ihrer Vereinigung zusätzlich Mitglied bei der Landesvereinigung werden. Ziel der Landesvereinigung ist, und dies spiegelt sich auch in der Satzung wider, eine Politik, die aus der Basis heraus entsteht und nicht umgekehrt.

Chili: Worin liegt die besondere Bedeutung der FWG Teilnahme an der Landtagswahl?

Frech: Es wird Zeit, dass sich eine kommunal erfolgreiche und bürgernahe Organisation wie die Freien Wähler auch auf Landesebene engagieren und mitgestalten. Längst sind die Kommunen zu Verwaltern geworden; Mitgestalten und Einflussnahme ist in den seltensten Fällen möglich. Deshalb ist es so wichtig für die Bürger und die Freien Wähler, dort mitzumischen, wo die Entscheidungen getroffen werden. Dies ist nun mal der Landtag beziehungsweise Bundestag.

Chili: Wie sieht Ihr persönlicher Wahlkampf aus?

Frech: In erster Linie möchte ich so viel wie nur möglich mit den Bürgern in Kontakt treten. Nur so können sie sich von mir und den Zielen der Freien Wähler einen Eindruck verschaffen. Dieser Kontakt soll vor allem durch das Einrichten von Informationsständen und öffentlichen Infoveranstaltungen, durch die Verteilung von Informationsbroschüren und Flyern erreicht werden. Natürlich werden wir auch mit Wahlplakaten auf uns aufmerksam machen. Das wird allerdings nicht so üppig ausfallen, da die finanziellen Möglichkeiten sehr beschränkt sind. Über die Einrichtung eines Internetforums denke ich zurzeit nach.

Chili: Was sind Ihre politischen Ziele?

Frech: Ich habe viele politische Ziele, da vieles zurzeit nicht so läuft wie es laufen könnte, wenn sich die Abgeordneten und die Parteien nicht in erster Linie mit sich selbst und ihrem Machterhalt sondern mehr mit den Problemen des Landes beschäftigen würden. Aber um diese Ziele umzusetzen, ist es in erster Linie äußerst wichtig, dass die Freien Wähler in den Landtag einziehen. Natürlich wäre es ideal, wenn ich an der Umsetzung dann direkt mitarbeiten könnte.

Chili: Was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?

Frech: Neben der Stärkung der Schul -und Bildungspolitik sowie der Förderung der kleinen und mittleren Wirtschaftsbetriebe liegt mir die Rückgewinnung einer gelebten Demokratie am Herzen. Seit Jahren geht die Wahlbeteiligung zurück. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass die Bürger immer weniger in die Entscheidungen der Politik mit einbezogen werden. Das muss geändert werden.

Chili: Welche Chancen rechnen sie der FWG ein in den Landtag einzuziehen?

Frech: Man sollte nicht vergessen, dass die Freien Wähler in der Kommunalpolitik in Rheinland-Pfalz die zweitstärkste Kraft bilden. Wenn es uns gelingt, die Wähler, die uns bei Kommunalwahlen ihre Stimmen anvertrauen, auch bei der Landeswahl zu aktivieren, werden wir mit Sicherheit die fünf Prozent Hürde nehmen.

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