In dieser Saison wird es in der Mode knallbunt. Natürlich besteht ein Hang dazu, auch in den Wohnräumen mit Farbakzenten zu experimentieren oder gar die Richtung zu bestimmen. Farbliche Gestaltung der Innenräume kann durch Accessoires wie Heimtextilien wunderbar gelingen. Kissen als farbgebende Elemente korrespondieren zur Tischwäsche und Vorhängen und nehmen den Bezug zu Geschirr, Vasen, Bildern und vielen anderen kleinen Wohnutensilien auf. Wände werden farbig. Von poppig bis zu pastellig ist alles erlaubt. Und auch wieder schnell zu ändern, falls der Farbgeschmack dahin schmilzt. Erlaubt sind im Innenraum alle Farben, weil es den Privatbereich betrifft.
Aber was ist mit den Außenfassaden der Häuser? Wir haben Experten dazu ein paar Fragen gestellt. Winfried Klein ist Leiter der Bauordnungsabteilung in Neustadt und Dr.-Ing. Stefan Ulrich ist Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Neustadt.
Chili: Ist der Farbgestaltung der Außenfassade Grenzen gesetzt? Wo liegen diese, wie kann der Bauherr sich vorab informieren?
Klein: Eine pauschale Beantwortung der Fragen in Bezug auf die Gestaltung und Farbgebung von Gebäudefassaden geben die baurechtlichen Vorschriften nicht her. In der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz heißt es im Paragraf 5 zum Thema Gestaltung wie folgt: Bauliche Anlagen sind so zu gestalten, dass sie nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe nicht verunstaltet wirken. Bauliche Anlagen sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie benachbarte bauliche Anlagen sowie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten und deren beabsichtigte Gestaltung nicht stören. Auf Kultur- und Naturdenkmäler und auf andere erhaltenswerte Eigenarten der Umgebung ist besondere Rücksicht zu nehmen.
Chili: Gibt es Unterschiede in den Vorschriften, was die Farbgestaltung in der Innenstadt und in den Weindörfern, Neubaugebieten angelangt?
Klein: Für Neustadt existieren solche Gestaltungssatzungen für die Kernstadt und die Ortsteile, darüber hinaus eine Werbeanlagensatzung, die sich mit der Gestaltung von Werbeanlagen befasst. Desweiteren können Bebauungspläne Festsetzungen über gestalterische Anforderungen wie beispielsweise Farbgestaltung von Dacheindeckungen enthalten. Darüber hinaus können Kommunen für besonders schützenswerte Ortsteile und Ortskerne Satzungen erlassen und darin gestalterische Anforderungen an Bauteile festlegen. Diese Gestaltungs-und Ortsbildsatzungen geben gestalterische Hinweise zu Fassaden, Dachformen, Dacheindeckungen, Farben, Fenster und Türen sowie zu Bauteilen, denn Farben, Materialien und Bauteile können Zeugnis vergangener Epochen sein. Ziel ist es, das individuelle Ortsbild lebens- und liebenswert zu erhalten und zu gestalten und es behutsam weiterzuentwickeln. Jeder Ortsteil soll seine Rolle als kleines Zentrum mit eigener Geschichte behalten.
Die Abteilung Bauordnung der Stadt Neustadt an der Weinstraße berät gerne vorab und empfiehlt auch, Kontakt mit einem Fachmann (Architekt) aufzunehmen, der prüfen kann, ob Gestaltungsideen mit den Vorgaben im Einklang stehen.
Chili: Welcher Farbspielraum besteht für denkmalgeschützte Häuser?
Ulrich: Die Farbwahl bei denkmalgeschützten Häusern soll sich primär an der historischen Farbgebung orientieren. Das bedeutet, dass eine Farbe ausgewählt werden soll, die dem prägenden Erscheinungsbild des Hauses gerecht wird und in dieser Zeit so hätte verwendet werden können. Das ist oft nicht der Erbauungszeitraum, sondern eine spätere Überformung. Beispiel: ein Fachwerkhaus des 16. Jahrhunderts wird im 18. Jahrhundert barock umgestaltet. Dann könnte dies das prägende Erscheinungsbild sein. Historische Farbgebungen können teilweise durch restauratorische Untersuchungen zweifelsfrei belegt werden. Ansonsten kann auch eine bestehende Farbe bei einer Neufassung wiederholt werden, wenn sie vertraut ist und nicht störend wirkt.
Chili: Außer der Farbgebung der Fassade können auch weitere Bauteile Farbakzente setzen. Müssen diese ebenfalls genehmigt werden?
Ulrich: Bei Denkmälern, sowohl bei Einzeldenkmälern als auch Häusern in Denkmalzonen, muss die gesamte Farbfassung mit den Denkmalbehörden abgestimmt werden. Dazu zählen unbedingt die architektonisch und ästhetisch wichtigen Gliederungselemente wie Gewände, Gesimse, Pilaster, Lisenen aber auch Fensterläden, die Farbigkeit der Holzfenster und andere.
Chili: Sind Materialien vorgeschrieben, die sichtbar sind?
Ulrich: Die Materialität spielt bei der Denkmalpflege allgemein eine große Rolle. Deshalb sollen Denkmäler auch mit den historisch üblichen Materialien repariert oder wiederhergestellt werden, beispielsweise Holzfenster anstelle von Kunststofffenstern. Auch dort, wo diese nicht von außen sichtbar sind. Ein oft unterschätzter Faktor der Fassadengestaltung ist die Art und der Auftrag des Außenputzes. Hier sind natürliche Kalkputze ideal, die sowohl ästhetisch als auch bauphysikalisch Vorteile gegenüber klassischen Maschinenputzen bringen. Hierbei ist auch auf eine Feinkörnung von unter einem Millimeter zu achten. Das schafft dann die glatten Oberflächen, die wir von alten Häusern kennen und schätzen.
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