Judentum – kala und chatan am Anfang einer Reise
Wie auch im Christentum versteht das Judentum die Ehe als eine heilige Institution, wird aber nicht, wie beispielsweise in der römisch-katholischen Kirche als Sakrament betrachtet. Prinzipiell ist es dem jüdischen Brautpaar freigestellt, wann sie den Termin für die Heirat ansetzen. Aus der Tradition heraus ist nur der Zeitraum zwischen den Wallfahrtsfesttagen Pessach und Schawuot als potentieller Zeitraum für die Heiratszeremonie verboten, da diese Zeit im Judentum in Teilen als Trauerzeit betrachtet wird. In orthodoxen Kreisen wird der Dienstag als Hochzeitstag übrigens bevorzugt. Grundlage für diese Bevorzugung ist die biblische Beschreibung des dritten Schöpfungstages bei dem die Worte „und Gott sah, dass es gut war“ wiederholt werden, was als gutes Omen für eine lange und glückliche Ehe verstanden wird.
Symbolik und Kleidung
Die eigentliche Trauung bedeutet für den Bräutigam, den so genannten chatan, und die Braut, die so genannte kala, den Anfang einer langen Reise, eines Neubeginns. Um wie zu Jom Kippur um die Vergebung der begangenen Sünden zu bitten, hat sich die Tradition herausgebildet, am Hochzeitstag zu fasten. Die von einem Rabbiner geleitete Zeremonie an sich findet in den meisten Fällen im Freien unter der Chuppa, einem von vier Stangen gehaltenen Hochzeitsbaldachin aus verzierter Seide, Satin und Samt statt. Die Verwendung des Chuppa ist eine Reminiszenz an die alten Israeliten, die hauptsächlich in Zelten lebten, sowie an die Beduinen, welche für das Brautpaar ein besonderes Zelt errichteten. Unter dem beschriebenen Baldachin trägt der Bräutigam ein einfaches weißes Kleid, nach der Farbsymbolik ein Ausdruck von Reinheit. Die Braut verhüllt ihr Gesicht mit einem Schleier, eine Geste, die das Vertrauen der Braut in ihren Bräutigam symbolisiert.
Die Zeremonie selbst
Im ersten Teil der Zeremonie, der Erussin (Angelobung), segnet der Rabbiner einen Becher Wein, aus dem sowohl Braut wie auch Bräutigam trinken. Mit dem Satz: „Durch diesen Ring bist du mir angelobt nach dem Gesetz Mose und Israels“ vollzieht sich der eigentliche Rechtsakt der Trauung. Während dieses Abschnittes streift der Mann der Frau einen Ring über den Zeigefinger unter dem Beisein von zwei männlichen Zeugen, die nicht mit dem Brautpaar verwandt sein dürfen. Danach wird durch den Rabbiner der Ehevertrag, die Ketubba, welcher vom Bräutigam an die Braut ausgehändigt wird, verlesen. Die Ketubba beinhaltet die Verpflichtungen des Mannes, seine Frau zu ehren, zu kleiden, zu ernähren und ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Weiter verspricht der Bräutigam, der Braut 200 Sus zu geben. Die so genannte Ketubbasumme soll die Frau finanziell absichern und beim Tod des Mannes ausgezahlt werden. Die Eheschließung (Nissuin), während der der Rabbiner sieben Hochzeitssegenssprüche spricht und das Brautpaar nochmals gemeinsam einen Schluck Wein trinkt, stellt die vorletzte Stufe der Zeremonie dar. Das Ende der Zeremonie markiert die Tradition, dass der Bräutigam ein Glas zerbricht, gleichermaßen eine Erinnerung an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem, wie auch ein Mahnen an den Verbleib eines nüchternen Verstandes selbst in heiteren Momenten. Die Verabschiedung der Braut und des Bräutigams in den Bund der Ehe erfolgt über die Ausrufe der Feiergemeinschaft mit masel tow (Viel Glück) bei den Aschkenasen oder siman tow (gute Aussichten) bei den Sephardim. Das Bewerfen des Brautpaars mit Reis und Walnüssen, die als Fruchtbarkeitssymbole gelten, ist nur noch in bestimmten Kulturkreisen Teil der Zeremonie.
Islam – Hochzeit und Ehevertrag in Einem
Der Ablauf und die notwendigen Formalitäten einer muslimischen Hochzeit gestalten sich je nach Herkunft und kulturellem Hintergrund des Brautpaares sehr facettenreich. Interessant, weil gänzlich von christlichen oder in regional typischen und üblichen Traditionen, gestaltet sich der Ablauf der Hochzeitszeremonie von Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland. Grundsätzlich kann jeder muslimisch heiraten, der auch muslimischen Glaubens ist. Der muslimische Mann darf eine Frau heiraten wenn sie ebenfalls Muslimin ist oder einer anderen monotheistischen Religion, einer Religion mit einem allumfassenden Gottesbild wie beispielsweise dem Christen- oder Judentum, angehört. Die zukünftige Braut wird nicht gezwungen den muslimischen Glauben ihres Ehemannes anzunehmen. Die gemeinsamen Kinder des Brautpaares müssen jedoch nach der Tradition des Islam erzogen werden.
Etwas anders verhält es sich, wenn eine muslimische Frau einen nicht-muslimischen Mann heiraten möchte. Hier ist der Mann verpflichtet, den muslimischen Glauben anzunehmen. Bei der ersten Eheschließung muss die muslimische Frau die Zustimmung zur Hochzeit von ihrem Vormund, dem Wali einzuholen. Einen Monat vor dem Hochzeitstag wird die standesamtliche Eheurkunde der muslimischen Autoritätsperson übergeben. Diese Autoritätsperson, zum Beispiel ein Imam (Vorbeter in der Moschee) oder ein Kadi (islamischer Richter), wird die Hochzeit leiten und versuchen, in einem Vorgespräch mit dem Paar offene Fragen zu klären und über angedachte Ehevereinbarungen zu sprechen. Jene Ehevereinbarungen finden ihre Grundlage in einem Ehevertrag der zwischen Braut und Bräutigam geschlossen wird und die grundlegenden Vereinbarungen über Rechte und Pflichten des gemeinsamen Ehelebens enthält. Inhaltlich wird beispielsweise festgeschrieben, dass sich der Ehemann mit der Hochzeit dazu verpflichtet, finanziell für seine Frau zu sorgen, mindestens aber den Lebensstandard der Frau vor der Ehe erhalten muss. Der Ehemann muss nicht - aber kann - im Ehevertrag festlegen, dass er mit dem Studium, der Berufstätigkeit und Empfängnisverhütung seiner Frau einverstanden ist. Darüber hinaus sieht der Ehevertrag auch die Bestimmung des gemeinsamen Wohnortes, die Aufgabenverteilung im Haushalt oder auch Modalitäten im Falle eine Scheidung als Regelungsinhalte vor.
Für den islamischen Ehevertrag gibt es im Übrigen Muster. Damit die vertragliche Vereinbarung sowohl im Heimatland wie auch in Deutschland Gültigkeit hat, wird der Vertrag von einem Notar beglaubigt. Neben dem Ehevertrag ist auch die Mitgift (Mahr) ein Bestandteil der muslimischen Eheschließung. Den Mahr, meist in Form von Wertgegenständen oder Geld, erhält die Braut von ihrem Bräutigam traditionell nach der Hochzeitsnacht, weshalb die Mitgift oft auch als Morgengabe bezeichnet wird. Ähnlich wie im Judentum sind die finanziellen Aufwendungen des Ehemannes im Wesentlichen zur Absicherung der Braut im Falle einer Scheidung oder einem Todesfall des Ehemannes gedacht. Die Höhe der Mitgift wird vertraglich festgelegt. Wenn die Frau einverstanden ist, dann kann die Schenkung auch ganz modern in einer rein symbolischen Schenkung stattfinden (eine Goldkette, ein Ring oder ähnliches).
Die eigentliche Hochzeitszeremonie nach dem Standesamt wird im Islam nicht als rituelles Muss angesehen. Zentrales Element der Eheschließung ist der Ehevertrag. Falls eine Zeremonie vorgenommen wird, dann findet sie entweder bei den Brauteltern, in einem für die Hochzeit reservierten Saal oder in der Moschee statt. Die Zeremonie beginnt traditionell mit der Lesung von Koranversen und mit einer Lobeshymne auf Allah (Khutbah). Das Brautpaar gibt sich im Beisein von zwei Trauzeugen vor dem Imam das Ja-Wort. In der Folge fragt der Imam den Vormund der Braut, ob er die anwesende Frau dem anwesenden Mann übergibt und stellt dem Ehemann in spe direkt dieselbe Frage. Wenn sowohl Vormund wie Bräutigam ihr Einverständnis zur Ehe gegeben haben, werden zu Ehre der Vermählten Anrufungen an Allah gesprochen.